Newsletter: „Reichweite gehört mir und nicht Facebook, TikTok und Co.“

Auf einem Laptop kleben viele Klebezettel mit der Aufschrift Newsletter!

Bildquelle: Anne-Kathrin Berg

Newsletter können die Kundenbindung steigern. So bleiben Sie in Kontakt.


9. Juni 2020 | Von Özkan Canel Altintop

Wenn man sich über digitale Kommunikation mit Kunden/-innen Gedanken macht, kommt man schnell auf die Idee, Newsletter zu versenden. Denn man kann mit ihnen eine große Gruppe an Interessentinnen und Interessenten erreichen. Doch diese Form des Marketings muss mit Strategie und Plan erfolgen. Wir haben für Sie den Experten Nico Zorn gefragt. Er ist Mitgründer der CRM- und E-Mail-Marketing-Agentur Saphiron GmbH und beschäftigt sich schwerpunkmäßig mit den Themen E-Mail-Marketing, CRM und Kundenbindung. Wir wollten wissen, warum für ihn Newsletter so entscheidend sind, wie ein Newsletter aussehen sollte und wie man insgesamt mehr Abonnentinnen und Abonnenten gewinnen kann.

Guten Tag Herr Zorn. Vielen Dank, dass Sie sich Zeit für das Interview nehmen. Könnten Sie zum Einstieg kurz umreißen, was  der Unterschied zwischen E-Mail-Marketing und Newslettern ist?

Das ist eine gute und wichtige Frage. Newsletter sind nur ein ganz kleiner Teil der Möglichkeiten, die man im E-Mail-Marketing nutzen kann. Anders formuliert: Wer im E-Mail-Marketing nur auf einen Newsletter setzt, nutzt nur einen Bruchteil des Potenzials. So kann ich beispielsweise neben dem Newsletter auch automatisierte Marketing-E-Mails an Warenkorbabbrecher – also Personen, die einen Bestellprozess auf meiner Website angefangen, aber nicht abgeschlossen haben – schicken.

Gute Erfahrungen haben wir in unserer Agentur auch mit Welcome-E-Mails gemacht. Dabei handelt es sich um E-Mail-Kampagnen, die unmittelbar nach der Newsletter-Anmeldung verschickt werden – also zu dem Zeitpunkt, an dem das Interesse des potenziellen Kunden noch besonders hoch ist.

Das CRM oder Customer Relationship Management dient dazu, dem gesamten Unternehmen zu mehr Kundenorientierung zu verhelfen.

Warum ist E-Mail-Marketing für Unternehmen wichtig?

E-Mail-Marketing ermöglicht es Unternehmen, sehr effizient mit Interessenten/-innen und Kunden/-innen zu kommunizieren. Laut der Studie „E-Mail-Marketing Census“ von Econsultancy ist E-Mail-Marketing der Marketingkanal mit dem höchsten Return on Invest. Dieses Studienergebnis deckt sich mit unseren Praxiserfahrungen: Für die meisten Kunden/-innen unserer Agentur ist E-Mail-Marketing nach wie vor der mit Abstand wichtigste Kanal im Bereich der Kundenbindung. 

Was sind Newsletter und welchen Nutzen haben sie?

Newsletter sind ein Teil des E-Mail-Marketings. Dabei handelt es sich meistens eher um redaktionelle Formate, die regelmäßig an Interessenten und Kunden/-innen verschickt werden – wenngleich die Grenzen zwischen Newslettern und weiteren Marketing-E-Mails fließend sind. Newsletter dienen meist dazu, Kunden/-innen an ein Unternehmen zu binden, über Neuigkeiten zu informieren und Abverkäufe zu generieren.  

Nico Zorn beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit Online-Marketing. Zudem ist er als Referent und Lehrbeauftragter zum Thema E-Mail- Marketing aktiv.

„Newsletter – Ist das nicht von Vorgestern? Ich bin lieber auf Social Media unterwegs.“ Was entgegnen Sie solchen Aussagen?

Ich entgegne, dass ich von den Plattformen, die scheinbar die E-Mail-Kommunikation ablösen, oft die meisten E-Mails erhalte: Xing und LinkedIn informieren über neue Kontaktanfragen, Pinterest über Pins, die ich verpasst habe und Instagram über Fotohighlights. Die erfolgreichen Social-Media-Plattformen nutzen also selber intensiv E-Mail-Marketing – einfach, weil sie verstanden haben, dass sich der Kanal sehr gut eignet, um Nutzer zu reaktivieren und wieder zurück auf die eigene Plattform zu lenken.

Aus Marketing-Perspektive kommt ein weiterer wichtiger Aspekt hinzu: Im Unterschied zu Social Media gehört die Reichweite, die ich im E-Mail-Marketing aufbaue, mir, beziehungsweise meinem Unternehmen – und nicht Facebook, TikTok oder anderen Plattformen. Im Social-Media-Marketing mache ich mich hingegen vollständig von Algorithmen abhängig, die ich in keiner Weise kontrollieren kann. Bricht die organische (unbezahlte) Reichweite auf den Plattformen mal wieder ein, muss ich Budget in die Hand nehmen, um „meine“ Follower zu erreichen – Follower, die ich zuvor oft bereits mit viel Budget aufgebaut habe.

Facebook Ads ist für Unternehmen eine Möglichkeit, auf die Zielgruppe abgestimmte Werbung zu schalten.

Letztendlich sollte das aber natürlich keine Entweder-Oder-Diskussion sein: Im Idealfall kombiniere ich die beiden Kanäle miteinander. So kann ich beispielsweise gezielt ausgesteuerte Facebook Ads nutzen, um meinen E-Mail-Verteiler aufzubauen.

Grafik: Erhebung, wofür der Newsletter am häufigsten genutzt wurde.

Herr Zorn, wie muss ein Newsletter aussehen und wann soll er im Optimalfall versendet werden?

Für Newsletter oder allgemein für Marketing-E-Mails gilt: Die wichtigsten Informationen sollten möglichst weit oben platziert werden. Wer im Posteingang seine E-Mails überfliegt, scrollt nur selten bis nach unten. Die zentrale Botschaft und der Call-to-Action (die Handlungsaufforderung) sollten deshalb im direkt sichtbaren Bildschirmbereich platziert werden. Darüber hinaus muss das Corporate Design des Unternehmens berücksichtigt werden, um kanalübergreifend einen hohen Wiedererkennungswert zu schaffen. E-Mails sollten zudem möglichst kompakt aufgebaut werden – auch mit Blick auf die Tatsache, dass über die Hälfte der E-Mails auf mobilen Endgeräten geöffnet werden. Vor dem Versand sollte ich mich noch einmal fragen: Ist dieser Satz wirklich wichtig? Kann ich diese Botschaft nicht weiter vereinfachen?

Eine übergreifende, optimale Versandfrequenz gibt es im E-Mail-Marketing nicht. Entscheidend ist hier die Frage, wie mein Geschäftsmodell aussieht: Habe ich, wie beispielsweise Tchibo, jede Woche etwas Interessantes zu erzählen? Wann und wie häufig kaufen meine Kunden meine Produkte? Gibt es saisonale Unterschiede? Oft arbeiten wir auch mit einer flexiblen Frequenz. Im Tourismusbereich macht es beispielsweise Sinn, zu Beginn des Jahres mehr Marketing-E-Mails zu versenden und die Frequenz im Sommer zu reduzieren – auf diesem Weg bin ich mit meinen Angeboten und meiner Marke dann bei Kunden/-innen präsent, wenn sie ihren Jahresurlaub planen.

Welche Ziele werden im E-Mail-Marketing verfolgt?

Das ist abhängig von dem jeweiligen Geschäftsmodell. Ein großer Vorteil ist, dass ich E-Mail-Marketing ganz unterschiedlich einsetzen kann – je nachdem, welche übergeordneten Marketing-Ziele definiert wurden. Dabei kann E-Mail-Marketing mehr leisten, als „nur zu verkaufen“. Mit redaktionellen Formaten kann ich etwa dafür sorgen, dass mein Unternehmen als Experte für einen bestimmten Bereich wahrgenommen wird. Mit einer E-Mail, die mich über den Status einer Reparatur informiert, kann ich hingegen die Servicequalität verbessern.   

Vor allem viele Kleinunternehmen haben Probleme, Abonnenten/-innen zu gewinnen. Haben Sie eine Empfehlung?

Entscheidend ist, möglichst viele Gelegenheiten für die Adressgewinnung zu nutzen: Wann und wo habe ich überall Kontakt mit Kunden/-innen und Interessenten/-innen? Und wie kann ich in dieser Situation bestmöglich auf den Newsletter hinweisen? Viele Unternehmen belassen es bei einer einfachen Newsletter-Anmeldeseite, die häufig auch noch schlecht aufgebaut und schwer zu finden ist. Neben einer optimierten Anmeldeseite kann ich aber beispielsweise auch mit Paketbeilagen arbeiten oder einen Hinweis auf der Rechnung einfügen („Fordern Sie unseren Newsletter an und sparen Sie bei Ihrer nächsten Bestellung 10 Euro“). Weitere Kontaktpunkte können das Telefon, der Außendienst oder Veranstaltungen sein. In meinem Blog gebe ich viele weitere Tipps zum Thema E-Mail-Adressgewinnung.

Woher weiß ich, dass ein Newsletter erfolgreich war oder generell ist?

Zum einen kann ich auswerten, wie viele Kontakte die E-Mail geöffnet und Links in der E-Mail angeklickt haben. Das sind aber letztendlich nur „weiche“ Zahlen, mit einem Klick habe ich schließlich noch keinen Umsatz generiert. Wichtig ist es deshalb, das E-Mail-Marketing an das Webanalyse-System, wie beispielsweise Google Analytics, anzubinden. Hierfür werden die Links in den E-Mails mit so genannten UTM-Parametern versehen. Google Analytics „versteht“ anschließend, dass der Nutzer einen Link in einer E-Mail angeklickt hat. Auf diesem Weg kann ich sehr genau nachvollziehen, was die Nutzer, die eine E-Mail von mir erhalten haben, anschließend auf meiner Website gemacht haben – auch, ob sie etwas bestellt oder eine Anfrage gestellt haben.

Tipps für die Praxis: Welche Tools können Unternehmen nutzen?

Es gibt dutzende E-Mail-Marketing-Tools und es ist schwierig, hier eine pauschale Empfehlung zu geben. Wichtig ist, sich für die Toolauswahl Zeit zu nehmen und sich genau zu überlegen, wie das E-Mail-Marketing später aufgebaut werden soll: Welche Arten von E-Mails möchte ich verschicken? Welche Daten brauche ich dafür? Muss ich das System an weitere vorhandene Systeme, wie beispielsweise meinem CRM-System, anbinden? Wenn ja, wie aufwendig wird die Anbindung?  

Wie sieht es mit Datenschutz aus?

Mit Blick auf den Datenschutz müssen verschiedene Aspekte berücksichtigt werden, da wir im E-Mail-Marketing zwangsläufig mit personenbezogenen Daten (Name, E-Mail-Adresse, ggfs. weiteren Daten) arbeiten. Diese Daten müssen bestmöglich geschützt werden – ein weiterer Grund, sich für die Toolauswahl ausreichend Zeit zu nehmen und soweit es geht zu prüfen, ob der in Frage kommende Technologieanbieter beispielsweise die Anforderungen der Datenschutzgrundverordnung vollumfänglich erfüllt. Ganz wichtig: Marketing-E-Mails dürfen nur an Kontakte verschickt werden, die dem Empfang explizit zugestimmt haben – unabhängig davon, ob ich mit Privatpersonen oder anderen Unternehmen kommuniziere.

Herr Zorn, wir danken Ihnen für das Interview!

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