Design Thinking – fünf Fragen, fünf Antworten

Man sieht einen Design-Thinking-Workshop. uf dem Bild ist ein gebastelter Prototyp aus blauem Filz und weißen Kugeln.

Bildquelle: Lara Pujol

Erdachte Lösungen. Selbstgebaute Prototypen. Design Thinking nutzt alle Sinne, um Kreatives wachzukitzeln.


9. Dezember 2020 | Von Anne-Kathrin Berg

In Zeiten der Digitalisierung müssen sich kleine und mittlere Unternehmen häufig neu erfinden und ihre Geschäftsmodelle zum Teil anpassen. Design Thinking kann helfen, innovative Gedanken zu entwickeln. Wir haben Sven Poguntke dazu befragt. Er ist Honorarprofessor am Mediencampus der Hochschule Darmstadt und lehrt dort im Bereich Design Thinking und Innovation. Zudem arbeitet er seit 2004 selbständig als Berater, Facilitator/ Moderator, Trainer, Keynote Speaker und Autor. Im Interview berichtet er, worauf es in Projekten ankommt und wie auch KMU von dieser Art Ideenfindung profitieren.

„Je nach Themenstellung, Gruppendynamik und Situation muss am Ende des Tages immer das Tool zur Verfügung gestellt werden, mit dem das Team einen Schritt weiter kommt“. Sven Poguntke

Herr Poguntke, was bedeutet für Sie „Design Thinking“ und welche Philosophie steckt dahinter?

Viele Experten sprechen bei Design Thinking von einer speziellen Herangehensweise für die nutzerzentrierte und iterative Problemlösung oder Ideenfindung. Lediglich von einer Methode zu sprechen, wäre aber zu kurz gegriffen. Design Thinking ist eben auch ein Set an Prinzipien, zum Beispiel in Bezug auf Inderdisziplinarität und Diversität bei Teams, ein Mindset sowie ein Prozess mit zahlreichen Tools.  

Was müssen KMU mitbringen, um einen Design-Thinking-Prozess bei sich anzustoßen?

Design Thinking entfaltet immer dann sein volles Potenzial, wenn die Prinzipien und Prozessschritte möglichst allumfassend angewendet werden. Das setzt die Bereitschaft voraus, ein Team nach bestimmten Kriterien zusammenzustellen und einen Prozess zu initiieren. In diesem Kontext bedarf es einer gewissen Offenheit, um sich auf eine neue Vorgehens- und Arbeitsweise einzulassen. Ergänzend dazu Methoden-Know-how.

Nichtsdestotrotz bietet die Toolbox innerhalb von Design Thinking auch viele alternative Möglichkeiten zur Anwendung in Projekten oder bei Workshops und Meetings. Es muss also nicht immer ein komplexes Design-Thinking-Projekt auf den Weg gebracht werden, sondern man kann sich auch in einem kleineren Rahmen aus dem Methodenspektrum bedienen.

Gibt es Gruppen, für die die Methode eher ungeeignet ist?

Bezüglich Branche oder Anwendungsgebiet gibt es so gut wie keine Einschränkung. In den meisten Fällen, in denen eine komplexe Frage- oder Thememstellungen vorliegt, eignet sich Design Thinking. Bezüglich der Gruppenzusammensetzung gibt es allerdings Einschränkungen. Stark homogene Teams, die zusätzlich schon seit längerer Zeit in identischer Form bestehen, werden mit Design Thinking aller Voraussicht nach nicht erfolgreich sein. Solchen Teams fehlt die Ideenvielfalt, wie wir sie häufig bei interdisziplinären Gruppen und diversen Teams sehen.

Inwiefern gehören Design Thinking und Innovation für Sie zusammen?

Bei der Hervorbringung von Innovationen stellt Design Thinking eine häufig angewendete Möglichkeit für die projektbezogene Arbeit dar. So ist die Methode in zahlreichen Innovationlabs sowie Forschungs- und Entwicklungsabteilungen anzutreffen. Die Anwendungsmöglichkeiten gehen allerdings über Innovationen hinaus. Die Methode wird z.B. auch für Strategiedesign in Unternehmen eingesetzt oder etwa für gesellschaftliche Problemlösungen und Projekte bei NGOs. Zwei Stanford Professoren haben zudem ein Anwendungsgebiet kreiert, bei dem man mit Design-Thinking-Methoden und Prinzipien die Lebens- und Arbeitsplanung einer einzelnen Person designt. Etliche Coaches arbeiten beispielsweise mit diesem Ansatz, der unter dem Titel „Designing your Life“ bekannt geworden ist.

Eine Gruppe beschäftigt sich mit dem Gestalten ihrer Prototypen.

Was sind Ihre persönlichen Methoden-Favoriten?

Im Bereich der Ideenfindung gibt es alleine über 100 unterschiedliche Tools, die zur Anwendung kommen können. Einige davon basieren auf dem Prinzip Connect + Combine: Eine neue Idee entsteht durch die Kombination von bereits bestehenden Konzepten/ Dingen, die häufig nichts miteinander zu tun haben. Solche Tools können zu überraschenden Lösungen führen und ich setzte diese gerne in der Phase „Ideate“ ein.

Ungeachtet dessen sollte man sich als erfahrener Design-Thinking-Facilitator oder -Coach jedoch nicht auf Lieblingstools versteifen. Je nach Themenstellung, Gruppendynamik und Situation muss am Ende des Tages immer das Tool zur Verfügung gestellt werden, mit dem das Team einen Schritt weiter kommt.

Herr Poguntke, wir danken Ihnen für das Gespräch.

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