Das Triple Diamond-Modell der Strategieentwicklung

Drei Diamenten in den Farben gün, ros und blau liegen auf dem Boden.

Bildquelle: Pixabay

Analyse, Strategie, Maßnahmen: Das Triple Diamond-Modell fasst alle Schritte zusammen.


28. Juli 2020 | Von Pia Sue Helferich, Thomas Pleil

Das Triple Diamond-Modell schafft einen agilen Rahmen, um Kommunikationsstrategien zu entwickeln. Dabei wird jeder Arbeitsschritt getestet, so dass noch vor Festlegung strategischer Entscheidungen sowie vor der Umsetzung konkreter Maßnahmen Rückmeldungen vorliegen. Im Verlauf des Modells werden je nach Bedarf verschiedene Tools des Kommunikationsmanagements eingesetzt, beispielsweise Benchmarking, die Entwicklung von Personas oder Tools zur Markenentwicklung. Das Modell kann in der Praxis auch als Design Sprint angewandt werden und bringt so schnell konkrete Ergebnisse. Interne und externe Stakeholder sind direkt in den Entwicklungsprozess eingebunden. 

Kommunikationsstrategien der Zukunft

Für zukunftstaugliche Kommunikationsstrategien ist es nötig, ein umfassendes Verständnis analoger und digitaler Kommunikation sowie ihre Wechselwirkungen in den Blick zu nehmen. Menschen kommen auf verschiedene Weise in Berührung mit Unternehmen und ihren Themen: analog zum Beispiel durch Gespräche, Veranstaltungen, Zeitungsartikel aber auch digital, zum Beispiel über Suchmaschinen, Online-Rezensionen, Social Media. Aussagen werden so ganz natürlich aus der analogen Welt in die digitale getragen und umgekehrt. Das Modell des „Triple Diamond“ –  des dreifachen Diamanten  –  berücksichtigt dies: Integrierte Kommunikationsstrategien stehen hier im Fokus. Es geht um eine integrative Betrachtung aller Kommunikationskanäle ebenso wie der gemeinsamen Betrachtung der Disziplinen wie PR und Marktkommunikation, deren Grenzen durch die Digitalisierung ebenfalls zunehmend verschwimmen. Zugleich kann das Triple Diamond-Modell in abgekürzter Fassung auch für die Konzeption von einzelnen Maßnahmen, wie z. B. Kampagnen zur Gewinnung von Beschäftigten oder Events genutzt werden. 

Drei Hintergründe zum Triple Diamond-Modell

Für wen eignet sich dieses Modell der Strategieentwicklung?

Der Triple Diamond bietet einen Rahmen, den Beraterinnen und Berater In-House oder als Externe bei ihren Kunden/-innen nutzen können. Ein Verständnis für Kommunikationsstrategie sowie für Grundprinzipien von Design Thinking sind dafür sinnvoll. Für Einsteiger-/innen empfehlen wir die „Sechs Schritte zur Kommunikationsstrategie

Inwiefern ist das Modell agil?

Das Modell ist nicht strikt prozessorientiert, sondern flexibel. Das bedeutet, dass es je nach Kommunikationsaufgabe und Wissensstand angepasst werden kann. Vorhandenes Wissen oder bereits entwickelte Ansätze werden integriert. Umgekehrt zeigt das Modell Lücken auf. Ein Beispiel: KMU möchten oft schnell ihre Kommunikationsstrategie an ein digitales Umfeld anpassen – in vielen Fällen zeigt sich aber, dass wichtige Grundlagen wie Markenbotschaften oder Abgrenzungen zum Wettbewerb fehlen – doch ohne diese lässt sich zum Beispiel keine tragfähige Content Strategie entwickeln. Das Triple Diamond-Modell macht solche Probleme sichtbar und integriert Tools, um sie zu lösen.

Wie bezieht das Modell bewährte Kommunikationsmanagement-Tools ein?

Das Kommunikationsmanagement bietet viele Tools, um systematisch Informationen zu gewinnen oder Management-Prozesse zu begleiten. Typische Beispiele sind Benchmarking bzw. Wettbewerbsanalysen, Mitarbeiterbefragungen oder Persona-Entwicklungen oder für die Markenentwicklung das Markensteuerrad oder der Golden Circle. Das Triple Diamond-Modell zeigt, wann im Laufe des Konzeptionsprozesses welche Tools sinnvoll sein können – wobei die Abwägung dafür in der Verantwortung des oder der für den Strategieprozess Verantwortlichen liegt. Zahlreiche dieser Management-Tools für die Kommunikation können Sie übrigens hier auf der Website des Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrums Kommunikation kennenlernen.

Entstehung des Triple Diamond-Modells 

Der Name „Triple Diamond“ ist angelehnt an den im Design Thinking verbreiteten Ansatz „Double Diamond“. Dieser wurde vom britischen Design Council entwickelt und sieht den Gestaltungsprozess in vier Schritten vor, die jeweils paarweise entwickelt werden: 

  1. Im ersten Diamanten wird die Strategie definiert, indem die aktuelle Situation betrachtet und dann strategische Ansätze entwickelt werden, also „understand“ und „define“
  2. Im zweiten Diamanten geht es darum, Lösungsansätze zu entwickeln, zu testen und den bestmöglichen Ansatz umzusetzen, also „explore“ and „create“
Modelldarstellung des Double Diamonds in Form von zwei Diamanten
(Double Diamond-Modell des British Design Council, 2007)

Das Bild des Diamanten stammt daher, dass im Prozess immer wieder konkrete Punkte – im Sinne einer Verdichtung – eine entscheidende Rolle spielen: Zunächst gibt es einen klaren Auslöser, um den Prozess in Gang zu setzen, dann geht es in die Breite der Analyse und der Ideengewinnung. Am Ende des Schrittes folgt jedoch eine Fokussierung auf eine konkrete Problemstellung. Von diesem Punkt aus geht die Entwicklung von Lösungsideen wiederum in die Breite. Es wird also offen und kreativ nach Ansätzen gesucht, um durch Nutzertests schließlich zur Entscheidung für eine Lösung zu kommen, also wiederum zu fokussieren. 

Triple Diamond stellt StakeholderInteressen in den Mittelpunkt

Die systematische Ausrichtung an den Interessen der Stakeholder und deren Rückmeldungen während des gesamten Prozesses sind ein entscheidender Vorteil des Ansatzes. Oft genug wurde Kommunikation in der Vergangenheit absenderorientiert gedacht. Es ging um Botschaften, die ein Unternehmen absenden möchte und was zu tun ist, damit die Zielgruppen diese wahrnehmen. Weniger gefragt wurde danach, was die eigentlichen Bedürfnisse der Adressierten waren. Es wurde deshalb Zeit, ein nutzerzentriertes Vorgehen auf die Entwicklung von Kommunikationsstrategien zu übertragen. 

Im Triple Diamond werden statt der im Design üblichen zwei Diamanten gleich drei Diamanten herangezogen. Damit ist es möglich, den ersten Diamanten zur Analyse zu bestimmen, während im zweiten die Strategie entwickelt wird und sich der dritte mit der Taktik, also der konkreten Maßnahmenplanung, beschäftigt. 

Ausgangspunkte sind also die klassischen Schritte des Kommunikationsmanagements – mit dem Unterschied, dass die Ergebnisse jedes Konzeptionsschrittes jeweils getestet werden und nicht erst rückblickend nach Monaten und hohen Investitionen evaluiert wird. Im Triple Diamond-Modell erfolgt nach jedem der drei Schritte (Analyse, Strategieentwicklung, Maßnahmenplanung) ein Test, der wiederum zu einer Priorisierung führt – von Handlungsbedarfen, über strategische Ansätze und zuletzt zu konkreten Maßnahmen. 

Die Grafik erläutert das Triple Diamond Modell. Der erste Diamant umfasst die Analyse, der zweite die Strategie und der dritte die Maßnahmenplanung
Grundprinzip des Triple Diamond-Modells der Kommunikationsplanung

Eine wichtige Idee im Sinne des agilen Arbeitens besteht darin, das Modell je nach Bedarf immer wieder zu durchlaufen. Dabei werden die schon einmal erarbeiteten Ergebnisse integriert und überprüft, inwiefern Veränderungen notwendig sind. Der Vorteil: Nicht für jedes Konzept muss der komplette Prozess neu durchlaufen werden. Ergebnisse aus dem Grundkonzept werden stattdessen einbezogen, und durch die Iterationen entsteht eine immer bessere Informationslage. 

Der erste Diamant: Analyse auf fünf Ebenen 

Die Analyse bildet die Basis für jede Strategie. Sie hat immer einen konkreten Ausgangspunkt. Zum Beispiel, dass ein Maschinenbauunternehmen fernab einer Metropole junge Beschäftigte gewinnen möchte. Eine mögliche Lösung kann eine Recruiting-Strategie sein. Doch wie funktionieren die einzelnen Schritte? 

Die Analyse erfolgt auf fünf Ebenen und geht vom Allgemeinen zum Speziellen. Ziel dabei ist, die Rahmenbedingungen für die jeweilige Aufgabe möglichst gut zu verstehen: Das beginnt beim weiteren Umfeld des Unternehmens und geht bis zu den vorhandenen Ressourcen. Wichtig dabei: Entstehen während der Analyse bereits Ideen für Strategie oder Maßnahmen, werden diese festgehalten, zum Beispiel auf einem Flipchart. Liegen zu Aspekten der fünf Ebenen bereits Informationen vor, werden diese strukturiert und priorisiert. Dabei sind Experten/-innen aus den verschiedenen Unternehmensbereichen und ggf. Externe als Sparringspartner/-innen einzubeziehen. Die Analyse kann zum Beispiel in Form von Workshops stattfinden.  

Spielfiguren eines Mensch-ärgere-dich-nicht-Spiels.

1. Gesellschaft
Auf dieser Ebene werden Werte, Trends und Lebensstile betrachtet, aber auch Entwicklungen in der Mediennutzung und der Medieninfrastruktur. Im Fallbeispiel des Unternehmens wäre es interessant zu wissen, welchen gesellschaftlichen Wert Arbeit und Karriere haben, welche Rolle der Arbeitsort spielt, wie groß die Bereitschaft zum Umzug ist und welche Medien von Berufseinsteigern genutzt werden. Eine typische Methode, das herauszufinden, ist Desk Research. Das heißt, die Auswertung relevanter Studien wie Sinus-Milieus oder Trendanalysen. Möglich ist natürlich auch die Beauftragung eigener Studien, um möglichst gut anwendbare Daten zu erhalten. 

Über einem Schreibtisch klopfen Kollegen ihre Hände in Form einer Faust aneinander: Ein Symbol für gegenseitiges Vertrauen.

2. Stakeholder:
Welche Kommunikationspartner sind relevant für die Aufgabe? In unserem Beispiel kann es sich um Absolventen von Maschinenbau-Studiengängen handeln, aber auch um Multiplikatoren in Hochschulen oder Verbänden. Anzusprechen sind also oft nicht nur die direkten Zielgruppen, sondern auch Akteure/-innen, die für sie meinungsbildend sind. Ebenso ist herauszufinden, welche Erwartungen die Stakeholder haben, wie sie kommunizieren und sich informieren. Lehrreich ist zudem eine Analyse der Kommunikation von Wettbewerbern und von Best-Practice-Beispielen. Auf dieser Ebene verwendet werden zum Beispiel Benchmarks, Stakeholder-Maps, Personas, User-Journeys, Stakeholder- bzw. Kundenbefragungen. 

Kommunikationsstrategie

3. Organisation
Hier ist herauszuarbeiten, was die Besonderheiten des Unternehmens sind: Was sind seine konkreten Ziele? Im Englischen wird in diesem Zusammenhang oft vom „reason to be“ oder vom „purpose“ gesprochen. Es geht um strategische Ausrichtung. Unser Maschinenbauunternehmen hat sich zum Ziel gesetzt, die gesamte Produktion zu digitalisieren und auf eine nachhaltige Arbeitsweise umzustellen. Das sind wichtige Botschaften, die auch im Recruiting entscheidend sein können, um die passenden Bewerber zu erreichen. Ähnlich verhält es sich mit der Positionierung im Markt. Wichtig auch: Welche Kommunikationsstrategien und -kampagnen gab es bisher, mit welchen Erfahrungen und natürlich: wie viel Budget ist vorhanden?

Workshop atmosphäre. Männer und Frauen sitzen gemeinsam und arbeiten

4. Akteure
Hier stellt sich die Frage, welche internen Akteure für die jeweilige Aufgabenstellung von Bedeutung sind und welche Erwartungen und Einstellungen diese bezogen auf die Kommunikation haben. In unserem Fall handelt es sich um die Personalabteilung und mögliche Ausbilder. Außerdem empfiehlt es sich, in dieser Phase die Qualifikation derjenigen zu betrachten, die die späteren Kommunikationsideen umsetzen sollen. Hilfreiche Tools sind Workflow-Analysen, interne Stakeholder-Maps oder Kompetenzprofile.

Auf dem Bild ist ein buntes Gehirn und ein durchsichtiger Kopf zu sehen.

5. Technik
Zuletzt wird auf technische Fragen, Restriktionen, unternehmensinterne Regeln für den Umgang mit Social-Media-Plattformen geblickt. Um zum Beispiel zurückzukommen: Möglicherweise entsteht für die Recruiting-Strategie die Idee, innerhalb der Corporate Website eine mehrsprachige Landing Page zu schaffen. In diesem Fall wäre relevant, ob die Mehrsprachigkeit im CMS möglich ist, oder ob zusätzliche Aufwände vorgesehen werden müssen. 

Die Ergebnisse dieser Analyseschritte werden schließlich strukturiert dargestellt und die für die Aufgabe wichtigsten Aspekte werden priorisiert. Dies geschieht idealerweise mit einem heterogenen Team aus dem Unternehmen, das einen Bezug zur Aufgabe hat, aber verschiedene Hintergründe. Möglich ist auch, an dieser Stelle externe Expertise einzubinden.

Der zweite Diamant: Die Strategieentwicklung 

Auf der Grafik werden die benötigten Schritte zur Strategieentwicklung veranschaulicht.
Das Triple Diamond-Modell unterstützt die Strategieentwicklung.

Wir verstehen unter Strategie einen gedanklichen Handlungsrahmen, der sicher stellt, dass durch die Kommunikation Unternehmensziele besser erreicht werden. Ausgangspunkt ist die wichtigste Herausforderung, die sich aus der Analyse ergeben hat. Daraufhin werden die strategische Leitidee und überprüfbare Ziele festgelegt. Die strategische Leitidee in unserem Beispiel könnte darin bestehen, junge Beschäftigte als Markenbotschafter einzusetzen und durch persönliche Statements ihre Aufgaben und die Kultur des Unternehmens zu beschreiben. Anschließend werden die Grundzüge der Content-Strategie entwickelt. Hilfreiche Tools sind das Zielhaus der Kommunikation, die Positionierungsmatrix oder das Markensteuerrad. Auch die Ergebnisse dieser Arbeitsschritte werden unmittelbar auf den Prüfstand gestellt. Hier geht es in erster Linie um Reaktionen der zu adressierenden Stakeholder, also in unserem Fall potenzielle junge Beschäftigte. Die entwickelten Ideen lassen sich in Fokusgruppen oder Einzelinterviews diskutieren.  

Die strategischen Ideen werden unmittelbar getestet. Das heißt beispielsweise, dass Stakeholder dazu befragt werden. Durch ihr Feedback wird beispielsweise klar, welche von mehreren strategischen Leitideen die größte Zustimmung bekommt, so dass daraufhin wieder eine Fokussierung erfolgen kann.  

Der dritte Diamant: Von Taktik und Maßnahmen 

Erst im dritten Arbeitsschritt fallen Entscheidungen zu Maßnahmen oder Kommunikationskanälen. Es werden Formate für die inhaltliche Ausgestaltung entwickelt, ebenso Redaktionspläne und SEO-Strategien. Auch Entscheidungen zu Verantwortlichkeiten und Arbeitsabläufen sind zu treffen. Bei unserem Beispiel wären mögliche Formate zum Beispiel kurze Video-Interviews für Business-Netzwerke mit Beschäftigten. Für Instagram könnten zum Beispiel Stories entwickelt werden, die den Tagesablauf von Beschäftigten begleiten oder Beiträge, die Fakten zur Entwicklung der Branche und des Unternehmens zeigen. Bevor jedoch neue Kommunikationskanäle eingerichtet und bespielt werden, sollte mit Hilfe von Prototypen untersucht werden, ob die Umsetzungsideen der einzelnen Maßnahmen bei den Stakeholdern ankommen. Hilfreich sind dabei Papier-Prototypen, beispielsweise von einer Landing-Page für eine Recruiting-Aktion, manuell gebaute Beispiel-Posts für soziale Netzwerke oder auch Klick-Dummies. 

Insgesamt lebt das Modell der Strategieentwicklung mit dem Triple Diamond davon, möglichst umfassende Perspektiven zu erschließen. Damit dies möglichst effizient gelingt, integriert es vorhandenes Wissen und Erfahrungen. Neue Ideen werden sofort getestet. Eine Kommunikationsstrategie entsteht damit also nicht im stillen Kämmerlein, sondern im Team und in der Wechselwirkung mit den später anzusprechenden Stakeholdern.

Sie möchten erfahren, wie Sie das Modell in nur einer Woche für Ihre Bedarfe anwenden können? Dann lesen Sie mehr dazu in unserem Beitrag Strategieentwicklung mit dem Triple Diamond-Modell im Design Sprint

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