Social-Media-Marketing für kleine Unternehmen: wie kann das gehen?

Brainstorming im Workshop zu unterschiedlichen Social-Media-Kanälen – im Vordergrund der Luftfilter „Airbuster“

Bildquelle: Winco

Brainstorming im Workshop zu unterschiedlichen Social-Media-Kanälen – im Vordergrund der Luftfilter „Airbuster“


12. Mai 2021 | Von Christian Martens, Diethard Bühler, Kimberly Roth

Umsetzungsprojekt

Wie schafft es ein kleines Unternehmen, Produkte erfolgreich über Social-Media zu vermarkten? Genau diese Frage stellte sich die Winco GmbH, nachdem sie im Zuge der Corona-Krise einen UVC-Virenfilter entwickelt haben. Lernen Sie hier vier einfache Bausteine kennen, die dies ermöglichen und die Sie selbst nutzen können.

Übersicht des Projektstatus

  • Ausgangslage
  • Herausforderung
  • Ideen & Bedenken
  • Hilfe durch das Kompetenzzentrum
  • Ergebnis

AUSGANGSLAGE

Der Geschäftsführer Arnold Zender gründete die Winco GmbH (Mühltal, Hessen) in den 1990er Jahren zur Herstellung von Beleuchtungs-, Haus- und Umwelttechnik. Bereits vor der Gründung seines Unternehmens nutzte Herr Zender digitale Instrumente und war ein „Early- Adopter“ von CAD- oder IoT-Technologien. Aufgrund von Umsatzeinbußen durch die Corona- Pandemie suchte das Unternehmen nach Möglichkeiten, um selber einen Beitrag zur Beherrschung der Krise zu leisten und neue Umsätze zu generieren. Nachdem in den Nachrichten darüber berichtet wurde, dass die Schulen wieder aufmachen können, kam Arnold Zender auf die Idee, einen Virenfilter mit UVC-Technologie, den Airbuster, zu entwickeln. „Ich habe ein Konzept erstellt, Tag und Nacht gearbeitet und so ist das entstanden“, so Arnold Zender.

Doch die Entwicklung eines Produktes ist nur ein Teil der Arbeit, jetzt galt es, diesen Virenfilter erfolgreich im Markt zu platzieren, zum Beispiel über Social-Media-Kanäle, damit potenzielle Käufer auf das Produkt aufmerksam werden. Dafür hatten er und sein Team sich bereits Gedanken über mögliche Käufergruppen gemacht. Die Idee war es, dass besonders kleinere Betriebe mit viel Kundenkontakt, zum Beispiel Friseure oder die Gastronomie, von dem Produkt profitieren können. Aber wie macht man sie auf das Produkt aufmerksam? Daher bat er das Mittelstand 4.0 Kompetenzzentrum Kommunikation um Hilfe.

HERAUSFORDERUNG

Für Herrn Zender hörte sich Social Media zunächst nach einer vielversprechenden Möglichkeit an, einfaches und günstiges Marketing zu betreiben und Käufer zu erreichen. Durch den Besuch mehrerer Webinare erhielt er einen Überblick über die theoretischen Grundlagen von Social-Media-Marketing; doch dieses Wissen  in eine  Marketing-Kampagne umzusetzen, fiel ihm noch schwer.

Somit war ihm auch nicht bewusst, wie hoch das zeitliche und finanzielle Investment für Social Media tatsächlich ist, um die potenziellen Käufer zu erreichen. Dabei ist eine große Reichweite bei Social Media der wichtigste Faktor. Es galt also, gemeinsam herauszuarbeiten, wie man günstig und mit vertretbarem Aufwand als mittelständisches Unternehmen Social Media für sich erfolgreich nutzen kann.

„Die Einsicht in die Wirklichkeiten war schon anders, als wir gedacht haben … auch die Zusammenhänge“Arnold Zender, Geschäftsführer Winco GmbH

IDEEN UND BEDENKEN

Für eine erfolgreiche Marketing-Kampagne sollten zunächst die Zielgruppen genau überprüft werden. Im Workshop wurden daher mit Hilfe von Rollenspielen Fragen aufgeworfen wie „Welchen Vorteil haben  die Zielgruppen vom Kauf eines solchen Virenfilters?“.

Der technische Nutzen für die Zielgruppen ist zwar klar, denn die Ansteckung mit Corona und anderen Viren kann mit dieser Art von Filter wirksam verhindert werden. Wirtschaftlich gesehen bringt der Filter aber zunächst keinen Vorteil: Weder dürfen die Unternehmen, die einen Filter haben, ihre Geschäfte in einem Lockdown öffnen, noch können sie allein darüber  mehr Umsatz erzielen.

In der gegenwärtigen Lage, in der viele  Unternehmen ohnehin schon finanzielle Probleme haben, ist das  eine schwierige Situation. Natürlich besteht die Aussicht, dass Unternehmen einen UVC-Filter in Zukunft – ähnlich wie bei einer Impfung – als Grundlage nutzen können, ihr Geschäft doch zu öffnen. Während des Projektes gab es dafür  noch keine Anhaltspunkte. Daher war diese Frage, was denn der Vorteil eines solchen Virenfilters sei, gar nicht so leicht zu beantworten, wie es schien.

Welche Gründe kann es geben?

Welche Gründe könnte es also noch geben, um sich einen Virenfilter anzuschaffen? Es stellte sich heraus, dass das Produkt insbesondere Geschäftsführer anspricht, die aufgrund von Alter oder Vorerkrankung einen besonderen Anreiz haben, um sich selbst, die Kunden und die Beschäftigten zu schützen, auch wenn sie damit zunächst einmal nicht mehr Umsatz machen. Außerdem kann es sich als Wettbewerbsvorteil herausstellen, wenn ein Geschäft mit der Existenz des Filters werben kann, das Nachbargeschäft aber keinen hat. Daher wurden in den Workshops die Zielgruppen etwas auf die aktuelle Situation angepasst.

HILFE DURCH DAS KOMPETENZZENTRUM

Über die IHK Darmstadt, in der die Winco GmbH  Mitglied ist, war der Geschäftsführer auf die Leistungen der Mittelstand 4.0 Kompetenzzentren aufmerksam geworden. Dort bewarb er sich auf ein Praxisprojekt, das schließlich von der BDG Innovation+Transformation GmbH & Co. KG (BDG), einem der Partner des Kompetenzzentrums, durchgeführt wurde. In einem ersten Gespräch zwischen BDG mit dem Unternehmen wurde die Ist-Situation erfasst und ein Plan ausgearbeitet, die Firma in vier Workshops dazu zu befähigen, selber Online-Marketing für sein Produkt zu übernehmen.  

Abbildung: Die vier Schritte zur Entwicklung eines individuellen Social Media Marketings für Winco

Der erste Workshop diente dazu, Kaufgründe zu klären und ein Verständnis für die Bedürfnisse potenzieller Kunden zu gewinnen. In Rollenspielen wurden verschiedene Zielgruppen analysiert. Dabei wurde klar, was die wirklichen Motivationen sind, warum sich jemand einen solchen Filter kaufen sollte. Mit diesem  Verständnis über die möglichen Kaufgründe verschiedener Zielgruppen, wurden mögliche Multiplikatoren (Influencer) für Winco erarbeitet, um die bislang noch fehlende Reichweite des Unternehmens auf Social- Media-Plattformen auszugleichen. Solche Multiplikatoren haben eine große Reichweite und gleichzeitig auch die Glaubwürdigkeit, mit der sie viele potenzielle Kunden erreichen können. Außerdem wurden Methoden der Marktforschung (Online-Umfragen) behandelt, mit denen auch kleine Unternehmen wie Winco die – meist kostenlose – Möglichkeit haben, bestimmte Informationen direkt bei den Zielgruppen zu erfragen und so ein besseres Marktverständnis für das eigene Produkt zu erhalten. So wurde mit der Firma nach der Theorie direkt eine individuelle Umfrage erstellt, mit der die Zielgruppen direkt gefragt werden konnten, unter welchen Umständen sie an dem Produkt Interesse haben.

Auch bezahlte Werbeanzeigen wurden in Betracht gezogen, da sie punktuell durchaus sinnvoll sind. Dennoch musste noch eine Lösung gefunden werden, mit relativ wenig Aufwand und Budget gute Ergebnisse zu erzielen.

Im vierten Workshop ging es  um Suchmaschinenoptimierung (SEO). Damit sind Maßnahmen gemeint, um die eigene Website für Suchmaschinen zu optimieren – ein wichtiger Faktor, die Sichtbarkeit im Netz zu steigern und Interessenten auf die Website überhaupt aufmerksam zu machen.

Lösungen

Erfolgreiche Marketingkampagnen beruhen selten auf eine zündende Idee oder einer einzelnen Aktivität. Ein gutes Marketing sollte ein Mix aus verschiedenen Elementen sein, die sich ergänzen oder parallel laufen. Daher haben wir gemeinsam mit dem Unternehmen individuell auf sein Unternehmen zugeschnittene Marketing- und Vertriebsempfehlungen erarbeitet, die aus vier Bausteinen bestehen:

1) Website-Optimierung (SEO)
2) Social-Media-Werbeanzeigen
3) Multiplikatoren/ Influencer-Marketing
4) Social-Media-Präsenz aufbauen

Oberste Priorität der Winco GmbH sollte es sein, einen höheren Rang in Suchmaschinen zu erhalten, um von bereits an Virenfiltern interessierten Personen schneller gefunden zu werden. Ausgestattet mit neuem Know-How war Herr Zender sich sicher: „Ich werde die Website basierend auf Ihren Empfehlungen verbessern.“

Social-Media-Plattformen eignen sich für die Winco GmbH am besten dafür, um über individuell zuschneidbare und mit einem individuell festlegbaren Budget Werbeanzeigen zu schalten. Damit können neue Kunden aus den vorher ermittelten Zielgruppen erreicht werden. Social-Media-Werbung lässt sich gut skalieren, womit schon mit einem geringen Betrag Werbekampagnen gestartet werden können. Selbst KMUs mit geringer Kapazität und Budget können über diese Kanäle Werbung betreiben.

Eine andere Form der Werbung ist über sogenanntes Influencer-Marketing möglich. Hierfür sollten Anreize für Multiplikatoren geschaffen werden, damit sie ihren Abonnenten das Produkt vorstellen.

Parallel können Social-Media-Kanäle  dafür genutzt werden, eine „Visitenkarte“ des Unternehmens aufzubauen und einige wenige Kanäle  regelmäßig mit Inhalt zu füllen.

ERGEBNIS

Noch  während des Projektes wurden einige Empfehlungen der BDG schon von Herrn Zender umgesetzt. So besitzt sein Unternehmen heute Profile auf mehreren sozialen Netzwerken und hat bereits zahllose Kontakte geknüpft. Darüber hinaus sagt der Geschäftsführer: „Wir haben bereits verschiedene Inhaltspunkte zusammengestellt, die wir nach und nach nutzen, um damit unsere Social-Media-Kanäle zu bespielen“.

Abbildung: Eindruck aus den Workshops

Zudem hat Herr Zender die Bedeutung von Markforschung erkannt und möchte Online-Umfragen nutzen, um beispielsweise das Interesse seiner Zielgruppen abzufragen. „Auch bei der Umfrage habe ich jetzt verstanden, wie man das tatsächlich anwendet. Das hat mir sehr geholfen“.

Winco hat als kleines Unternehmen nicht die Möglichkeit, eine ganze Abteilung nur auf Social-Media-Marketing anzusetzen. Das heißt aber nicht, dass sie es nicht betreiben können. Ausgerüstet mit neuen Instrumenten und Wissen stehen Winco jetzt diverse Möglichkeiten offen, für das Produkt und Unternehmen über Social Media neue Kunden zu gewinnen. So sagt Arnold Zender selber: „Die Workshops haben uns viel gebracht und unsere Sicht darauf fokussiert, was man mit Social-Media machen kann und wie. Social Media ist eine gute Ergänzung zu den Marketingflyern auf Papier“.

Projektstatus

100 %

Do’s und Don’ts

  • Sich in die Lage seiner Kunden und Zielgruppen versetzen
  • Vorteile einer Umfrage nutzen, um Kundenwünsche zu verstehen
  • SEO als schnellste Möglichkeit nutzen, um Reichweite zu erhöhen
  • Social-Media-Profil als „Visitenkarte“ nutzen
  • Zu viele Social-Media-Kanäle nutzen
  • Bei neuen Konfrontationen eine „Schere im Kopf“ haben
  • Einzelne Ratschläge von Bekannten als repräsentativ für eine ganze Zielgruppe betrachten

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Kontaktmöglichkeit

Dr. Diethard Bühler

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