Messenger und Co.: Orientierungslos im Wirrwarr der Kommunikationskanäle?

Kommunikationskanäle

Bildquelle: Unsplash: Nordwood Themes


12. Februar 2019 | Von Thomas Pleil

Für kleine und mittlere Unternehmen bieten sich viele Möglichkeiten, Menschen mit Informationen zu versorgen. Messenger wie WhatsApp sind Mainstream. Dazu kommt eine kaum überschaubare Zahl anderer Kommunikationstools. Mittelständler stecken da oft im Dilemma: Was ist der Kanal der Wahl? Für den Anfang ist das die falsche Frage.

Kommunizieren wir uns zu Tode?

Noch nie gab es so viel Kommunikation, doch besser informiert sind wir deswegen meist nicht. So geht es auch vielen Mitarbeiter/-innen in Unternehmen, Geschäftspartner/-innen oder Kundschaft. Richtig ist: Es stehen heute viel mehr Möglichkeiten bereit, die Menschen mit den für sie wichtigen Informationen zu versorgen. Dass das oft nicht gelingt, hat viele Ursachen, über die es sich nachzudenken lohnt.

Am Anfang vieler Probleme steht oft das Kanaldenken: Manche Unternehmen meinen, einen Kommunikationskanal nutzen zu müssen, weil viele Menschen das eben auch schon tun. So war das zum Beispiel bei Facebook. Da wurde Unternehmer/-innen oft gesagt: Dort müsst Ihr hin, denn Eure Kundschaft ist schon da. Jedoch: Muss der Getränkemarkt um die Ecke dort wirklich aktiv sein? Oder sollte er seit Facebook ein bisschen weniger genutzt wird vielleicht zu Instagram gehen, weil dort viel mehr Interaktion ist und die Plattform immer weiter wächst? Falsche Frage.

Klar, mit einem guten Konzept und Liebe zur Kommunikation könnte auch der/die Getränkehändler/in sich richtig gut bei Facebook oder Instagram darstellen. Aber mal im Ernst: Wenn sich der/die gute Mann/Frau damit quält, wird das auch nur eine Kommunikation um der Kommunikation Willen. Und wer will das abonnieren? Die Frage ist ja: Wer hat auf Bilder aus dem Getränkemarkt gewartet?

Oder nehmen wir WhatsApp.

Natürlich haben viele Menschen, die ein Smartphone besitzen, diese App installiert und die Nutzung dieses Kommunikationskanals verlangt von einem Unternehmen praktisch keine Investitionen. Doch ist ein solcher Kommunikationsweg allein wegen seiner Verbreitung und (vermeintlich) niedriger Kosten wirklich für den Unternehmenseinsatz geeignet? In einigen Fällen ja, in anderen keinesfalls. Dabei sind neben den Inhalten und dem Zweck der Unternehmenskommunikation per WhatsApp ja auch nicht unbedeutende rechtliche Fragen zu klären – die DSGVO lässt grüßen.

Unser Ansatz: Erst die Hausaufgaben

Und nun? Als Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Kommunikation raten wir Unternehmen, erst einmal zu beschreiben, welches Kommunikationsproblem behoben werden soll bzw. inwiefern die Kommunikation mit wem genau verbessert werden soll. Und wir schauen uns mit den Unternehmen an, wie sie sich bisher im Web darstellen: Sind die Hausaufgaben gemacht? Finden die Zielgruppen überhaupt alle für sie wichtigen Informationen? Zum Beispiel Öffnungszeiten, Angebot, Services. Bevor wir über Social Media sprechen, sollten wir erst einmal ein Gesamtbild bekommen. Und dann stellen wir viele Fragen zum geplanten Einsatz von Social Media oder Messengern durch kleine oder mittlere Unternehmen.

Geht es zum Beispiel um die Zusammenarbeit der Mitarbeiter/-innen oder um besseren Kundenservice? Geht es um ein besseres Image oder Bekanntheit? Sind die vorhandenen Kommunikationswege einfach nur schlecht genutzt? Oder bieten neue Kanäle wirklich bessere Möglichkeiten? Was genau wünschen sich die Zielgruppen im Social Web– und was ist für sie völlig daneben? Wichtig auch: Ist es ok, wenn die Kommunikation womöglich nicht vertraulich und auf einem fremden Server gespeichert wird? Und wenn Inhalte irgendwann kaum mehr auffindbar sind?

Zeigt sich, dass ein neuer Kommunikationskanal sinnvoll genutzt werden könnte, sollte man sich erst einmal in die Kommunikationspartner/-innen versetzen: Welche Art von Kommunikation erwarten sie? Welche Inhalte? Welche Intensität?

Denken wir kurz an interne Kommunikation: Ich zucke mittlerweile schon zusammen, wenn ich nur davon höre, dass irgendwo eine neue WhatsApp-Gruppe eröffnet wurde und hoffe, dass dieser Kelch an mir vorüber geht. Warum? Gruppen in Messengern verursachen oft unglaublichen digitalen Stress. Deshalb nutze ich WhatsApp als Kanal für ein paar Freunde und Freundinnen, die ich anders nicht erreichen kann. Auch der Händler/-innen meines Vertrauens – neulich zum Beispiel die Optikerin – können mich gern per Messenger anschreiben, um einfach einen Termin auszumachen, wenn Bestelltes angekommen ist. Ansonsten meide ich WhatsApp so gut es geht, auch aus grundsätzlichen Überlegungen.

Für die berufliche Kommunikation ist mir ein professioneller Messenger viel lieber. Denn dort gibt es Mechanismen, die Stress vermeiden und besser strukturierte Kommunikation ermöglichen.

Was bedeuten diese Überlegungen also für den Einsatz von Messengern in KMU? Die Frage ist natürlich auch, welche Anforderungen man als Unternehmen hat. Wer beispielsweise Personal just in time besser koordinieren möchte, wird vielleicht einen Messenger dazu heranziehen wollen. Doch ein/e Gastronom/-in, der sich darauf beruft, vor sechs Wochen eine Dienstanweisung an sein 30-köpfiges Team per WhatsApp verschickt zu haben, wird Schulterzucken ernten – denn seitdem wurden vermutlich wieder ein paar hundert Nachrichten in die Gruppe gepostet, und eine Suchfunktion bietet die App einfach nicht.

Um nicht missverstanden zu werden:

Ich möchte niemandem eine Ausrede bieten, die (Unternehmens-) Kommunikation nicht zu verbessern. Im Gegenteil: Wir können mit digitalen Werkzeugen Arbeit erleichtern, Menschen mitnehmen, Kunden/-innen gewinnen und Service verbessern. Aber damit das wirklich funktioniert, sollten wir überlegt herangehen und nicht schnell mal entscheiden, einfach einen neuen Account zu machen, wie es in manchen KMU immer wieder passiert.

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