Nicht erst die Corona-Krise hat gezeigt: Unternehmen brauchen eine gute Kommunikationsstrategie, um die eigene Marke dauerhaft zu positionieren. Geeigneten Strategie-Methoden können helfen, Kommunikationsmaßnahmen optimal zu steuern. Dazu braucht es Kompetenzen der Kommunikatoren/-innen. Wie können Unternehmen professionelle Kommunikationsstrategien entwickeln? Wir haben Kerstin Steffen gefragt. Sie ist Global Head of Marketing and Communications Managerin beim E-Learning-Anbieter imc AG aus Saarbrücken.
Frau Steffen: Wofür benötigen Unternehmen eine Kommunikationsstrategie?
Wer sich auf dem Markt und bei seinen Zielgruppen positionieren will, muss dafür sorgen, dass man wahrgenommen wird. Ich mag den Satz „ohne Strategie, kein Erfolg“. Der Kommunikationsmix ist heute, auch durch und dank der Digitalisierung, bunt und vielfältig. Dieser Mix kann aber auch überfordern, da man schnell den Überblick verliert. Klare Strukturen und Messgrößen sorgen hier für Ordnung.
Setzt man eine Kommunikationsstrategie auf, helfen insbesondere die W-Fragen – also „wann, wie, warum, wo und an wen“. Sie definieren dabei u.a. die Frequenz, die Gewichtung und den zeitlichen Verlauf der Kommunikationsmaßnahmen, sowie die Prioritäten der Fokus- und Dialoggruppen. Kurz: Eine Kommunikationsstrategie hilft insbesondere dabei, den Überblick zu behalten und sich zu auf die richtigen Themen zu fokussieren.
Es gibt zahlreiche Methoden, Kommunikation zu steuern und Erfolge messbar zu machen. Welche sind die wichtigsten Werkzeuge (Must-Haves) für Sie, um eine Kommunikationsstrategie zu entwickeln?
Bevor man anfängt den eigentlichen Content zu erstellen, sollte man mit einer Analyse starten, also z.B. wo stehe ich gerade, was läuft gut, was nicht, wie groß ist mein zeitliches und monetäres Budget, wie ist mein Kommunikationsteam hinsichtlich Kompetenzen aufgestellt, wo brauchen wir Veränderungen? SWOT- und IST-Analysen, aber auch die Betrachtung von Touchpoints sind auf jeden Fall sehr hilfreich.
Im nächsten Schritt ist es wichtig, Ziele zu definieren – also festzuhalten, was man konkret mit der Kommunikation erreichen will. Diese Ziele können je nach Unternehmen unterschiedlich sein. Dafür gibt es leider keiner Blaupause. Jedoch gilt: Je konkreter die Ziele formuliert sind, desto besser kann man Maßnahmen entwickeln, die auf diese Ziele einzahlen. Ich arbeite gerne mit einem Ziel-Radar und versuche die Ziele möglichst SMART zu definieren. Benchmark Analysen kann ich ebenso empfehlen.
Darüber hinaus ist es wichtig, sich mit seinen Zielgruppen zu beschäftigen, aber auch den Botschaften, die ich als Unternehmen senden möchte. Wir arbeiten beispielsweise mit Persona-Profilen.
Ist dieser Teil geschafft, geht‘s an die Maßnahmenplanung. Themen- und Redaktionspläne werden hier gerne verwendet. Von einfachen Excel-Plänen bis hin zu professionellen Tools gibt es auch hier eine Vielzahl an Möglichkeiten.
Und zu guter Letzt: Um seinen Kommunikationserfolg bewerten zu können, ist ein Controlling unerlässlich. Damit lassen sich Erfolge nicht nur messen, sondern auch transparent machen. Auch hier gibt es eine breite Palette an Tools, die Controlling und Evaluation unterstützen. Social Media Kanäle bieten in den meisten Fällen schon gute Basisauswertungen (Analytics). Für die Pressearbeit sind Presseclippings oder Medienresonanzanalysen nach wie vor gängige Standards.
Bei der Auswahl ist es wichtig darauf zu achten, was man messen möchte. Sind es zum Beispiel nur Likes und Kommentare oder brauche ich tatsächlich ein umfangreicheres „Social Media Listening„.
Laut einer Studie verfügen viele Mitarbeiter/-innen in der Kommunikation nicht über entsprechende Methodenkompetenz. Manches läuft dann unstrategisch nebeneinander. Wie ist das bei Ihnen? Gibt es Strategie-Meister/-innen über Tools und Methoden?
Wir haben in der Unternehmenskommunikation einen Newsroom etabliert. Dieser ist in sogenannte Themen- und Mediendesks aufgeteilt. Unsere Communication Manager in den Themendesks sind vergleichbar mit Journalist/-innen. Sie recherchieren Themen und produzieren Inhalte, sind aber auch das Bindeglied zur Fachabteilung. So sorgen wir für aktuelle Themen und die notwendige Fachkompetenz.
Medien und Plattformen finden sich hingegen in den Mediendesks wieder. Die Kolleg/-innen dort kümmern sich um die Kanäle, kennen also z.B. die Funktionen und Algorithmen. Aber sie sind auch die Verbindung zu unseren Communities und sorgen dafür, dass alle Inhalte zielgruppengerecht kommuniziert werden.
In jedem Bereich sind unterschiedliche Kompetenzen, Werkzeuge und Methoden gefragt. Die Aufteilung innerhalb des Newsrooms hilft, Expert/-innen für die verschiedenen Themen zu entwickeln. Diese sind dann auch dafür verantwortlich, Kanäle und Themen voranzubringen sowie neue Ideen und Impulse zur Optimierung zu liefern.
Beide Bereiche erfordern meiner Erfahrung nach immer eine Mischung aus Fach- und Methodenkompetenz. Tools und fachliche Werkzeuge zu nutzen müssen m.E. genauso ausgeprägt und gefördert werden wie die Fähigkeiten zur Recherche, zur Analyse von Sachverhalten oder auch Inhalte für die jeweilige Zielgruppe aufzubereiten. Für mich ist wichtig, dass das Team neugierig bleibt und Spaß daran hat, Themen, Kanäle und Tools weiterzuentwickeln.
Welche Tools man einsetzt ist sicherlich auch von der Zielsetzung eines jedes Unternehmens und der Auswahl der unterschiedlichen Kanäle abhängig. Wir arbeiten mit einem Mix aus Analyse- Evaluations-, Planungs- und Umsetzungstools. Ich glaube den perfekten Master gibt es nicht. Man sollte ein vernünftiges Set an Werkzeugen auswählen, die einem in der täglichen Arbeit bestmöglich unterstützen und valide Daten zur Bewertung und Optimierung liefern.
Viele Unternehmen könnten mehr oder überhaupt Werkzeuge zur Kommunikationssteuerung einsetzen. Wie sorgen Sie dafür, dass Sie und Ihr Team bekannte und innovative Methoden kennenlernen und nutzen?
Unser Team trifft sich regelmäßig zu Redaktionsmeetings, in denen wir nicht nur Themen- und Redaktionspläne besprechen, sondern auch einen Blick auf die jeweiligen Kanäle werfen. Viele Kanäle ändern sich rasant, es kommen neue hinzu oder auch Funktionalitäten ändern sich. Da ist es wichtig, dass alle auf dem aktuellen Stand bleiben.
Hinzu kommen monatliche Controlling Meetings, in denen wir quantitative und qualitative Kennzahlen besprechen, aber auch Trends und Tendenzen. Bei größeren Themenkomplexen kann ich Meetingformate wie z.B. einen „Lunch & Learn“ als Austauschformat empfehlen. Bei komplexeren Themen gibt es größere Workshops. Die Inhalte werden meist über die jeweiligen Expert*innen im Team vermittelt oder wir laden externe Speaker ein, die uns dann neue Impulse liefern.
Ich persönlich bin ein großer Fan von Barcamps und persönlichen Netzwerken. Sich regelmäßig mit Menschen austauschen zu können, die die gleiche Leidenschaft teilen, liefert mir immer wieder neue Ideen und Erkenntnisse.
Gute Kommunikation ohne Daten ist fast nicht vorstellbar. Nicht umsonst spricht man von datengetriebener Kommunikation. Wie sehen Sie die Zukunft der strategischen Unternehmenskommunikation?
Für mich ist gute Kommunikation ohne entsprechende Daten sogar überhaupt nicht mehr vorstellbar. Auch wenn es für einen Communication Manager sicherlich nicht das eigentliche Bestreben ist, diesen Beruf auszuüben, muss man diesem Thema gegenüber offen sein. Schließlich wollen wir heute schon wissen, was meine Zielgruppe morgen bewegt.
Big Data und Predictive Analytics machen das möglich. Dank neuester Technologien und Analysen sind wir in der Lage, große Datenmengen auswerten und daraus in Echtzeit ableiten, welche Inhalte beispielsweise für die Zielgruppe aktuell an Relevanz gewinnen. So wird es immer leichter, zukünftige Trends und Entwicklungen zuverlässig vorherzusagen. Ideal also für die Produktion von Content.
Ich bin sicherlich keine Spezialistin für Predictice Communication, finde aber, dass ein/e gute/r Kommunikator/-in zumindest die Fähigkeit besitzen sollte, die wichtigsten Kennzahlen lesen und bewerten zu können. Wie in jedem Bereich gibt es auch für diesen Expert/-innen, die insbesondere auch schon in großen Unternehmen und Konzernen zum Einsatz kommen. Für mich definitiv ein sehr spannender Bereich und auch ein Beruf mit Zukunft.
Wir danken Frau Steffen für das Interview!