Mit Unterstützung des Kompetenzzentrums
Vor einigen Jahren waren die Umstrukturierung und weiterer Werkaufbau für das Unternehmen Betonwerke Emsland relevanter als die Digitalisierung. Heute aber möchte das Unternehmen digitaler aufgestellt sein. Lesen Sie hier, wie das Unternehmen vorausschauende Wartung durch den Einsatz digitaler Lösungen erreicht hat.
- Ausgangslage
- Herausforderung
- Ideen & Bedenken
- Hilfe durch das Kompetenzzentrum
- Lösungen
- Ergebnis
Die Firma Betonwerke Emsland ist ein in Nordhorn in der Grafschaft Bentheim und im Emsland sitzendes und inhabergeführtes Familienunternehmen mit knapp 50 Beschäftigten. Das emsländische Unternehmen hat drei eigene Werke in der Grafschaft Bentheim und im Emsland, in denen der Fokus auf der Produktion von Artikeln für den Garten- und Landschaftsbau, wie Industriepflaster und hochwertige Zierpflaster, liegt. Zu der Kundschaft der Firma zählen größtenteils Baustoffhändler:innen, da der Vertrieb der Firma auf B2B ausgerichtet ist. Vor etwa 1,5 Jahren waren andere Themen – wie die Umstrukturierung und weiterer Werksaufbau – relevanter als die Digitalisierung. Heute aber möchte das Unternehmen digitaler aufgestellt sein. Deshalb hat sich die Firma an das Mittelstand 4.0 Kompetenzzentrum Kommunikation gewendet.
Die größte Herausforderung, vor dem das Unternehmen stand, waren die Maschinenausfallzeiten in der Produktion. Es stellte sich also die Frage: „Wie kann man durch Digitalisierung erreichen, dass die teilweise jahrzehntealten Maschinen weniger ausfallen?“. Zudem leiden alle drei Standorte unter Personalmangel. Der daraus resultierende Stress für die Mitarbeiter:innen macht es ihnen schwer, sich Zeit für Innovation und Verbesserungen ihres Arbeitsplatzes zu nehmen, sodass dies den Personalmangel wiederum bekräftigt. Gleichzeitig ist das Personal zum Teil älter, wodurch bewährte Methoden bevorzugt und neue Methoden eher skeptisch betrachtet werden.
Um Lösungsansätze für diese verschiedenen Problemstellungen des Unternehmens zu erarbeiten, wurde das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Kommunikation um Hilfe gebeten.
Zu Beginn wurde die Digitalisierung bzw. vorausschauende Wartung im Unternehmen von der Belegschaft als schwierig eingestuft. Vor allem das Alter der komplexen Produktionsmaschinen, die auch nicht einfach durch neue Maschinen ersetzt werden können, war ein Hauptproblem. Der Aufbau einer neuen Maschine würde zu einem längeren Produktionsausfall führen. Zudem sind nicht alle Mitarbeitenden Fachkraft für Elektrotechnik oder Maschinenbau und können die Maschinen reparieren oder warten. Die Geschäftsführung betonte, dass es ein großer Gewinn für die Firma wäre, wenn durch den Workshop Offenheit und Kreativität für Digitalisierung entstehen würde.
Es wurde vereinbart, zunächst individuelle Interviews mit Mitarbeitenden aller Werke durchzuführen, um die verschiedenen Perspektiven des Problems zu verstehen. Anschließend wurde in einem Workshop im Emsland versucht, gemeinsam trotz der schwierigen Ausgangslage Ansätze für vorausschauende Wartung zu finden. Aufgrund eines einfachen Einstiegs, der seitens der Workshop-unerfahrenen Teilnehmenden keinerlei Vorkenntnisse bedurfte, waren alle schnell dabei, konstruktive Beispiele zu finden. So wurden zunächst Beispiele aus dem eigenen Alltag besprochen – die die Teilnehmenden dann ganz intuitiv auf den eigenen Arbeitsplatz übertrugen. Im Hauptteil wurden mit Hilfe der von der Berlin Digital Group (BDG) für das Kompetenzzentrum Kommunikation entwickelten Methode „Digitalisierungsreise“ die Prozesse im Betonwerk sowohl aus Perspektive der Mitarbeitenden als auch aus Perspektive des Unternehmens/der Produktion dargestellt. Diese praxisorientierte und intuitive Vorgehensweise ermöglicht dabei neben dem wichtigen Perspektivwechsel vor allem das Einbinden und Mitnehmen der Belegschaft. Hierbei konnten mehrere Aktivitäten identifiziert werden, die parallel ablaufen müssen, um vorausschauende Wartung erreichen zu können.
Bei der Umsetzung von vorausschauender Wartung ist es besonders wichtig, die Mitarbeitenden, die aufgrund von Personal-/Fachkräftemangel nicht immer zu den wichtigen Wartungs- und Kontrollaktivitäten kommen, zu entlasten. Dies kann sehr gut mit digitalen Mitteln erfolgen: bspw. Kameraüberwachung der Produktionsschritte (erspart lange Wege für die Maschinenführenden) oder Sensoren (z.B. bei der Zementfüllanzeige). Um künftig besser vorausschauend agieren zu können, braucht es außerdem eine gute digitale Dokumentation und Auswertung vergangener Störungen. Da die aktuell handschriftliche Stördokumentation dafür ungeeignet ist (und aus Zeitmangel oft auch nicht ausgefüllt wurde), wurde die Einführung von handhabbaren digitalen Störberichten vorgeschlagen. Dies würde den Mitarbeitenden im Werk die Dokumentation und der Geschäftsführung die Auswertung erleichtern. Außerdem wurde im Workshop erkannt, dass aufgrund des Fachkräftemangels (oft kommen neue Mitarbeitende erst, wenn die alten schon die Firma verlassen haben) verstärkt Wert auf Bewahrung des wertvollen Know-Hows gelegt werden muss. Hier wurde beispielweise mithilfe der Ideen der Teilnehmenden ein neuer Ansatz für Einarbeitung von neuen Kollegen gefunden. Da ein Handbuch zur Einarbeitung zu unverständlich empfunden wurde, wurden Video-Tutorials vorgeschlagen, in denen Teilbereiche mit ihren Aufgaben abgefilmt und erklärt werden. Auch Fotos sollten verschiedenste Fehlermeldungen aufzeigen, um neue Kollegschaft möglichst schnell einzuarbeiten.
Durch die Einbeziehung verschiedener Perspektiven brachte der Workshop nicht nur neue Ideen für die Wartung der Maschinen hervor, sondern ermöglichte es den Führungskräften auch, einen neuen und innovativen Blick auf die Prozesse im Unternehmen zu werfen und gleichzeitig ihre Mitarbeitenden mitzunehmen.
Im Rahmen des halbtägigen Workshops wurden insgesamt neun Verbesserungsvorschläge für die Umsetzung entwickelt, welche mit konkreten Fristen und Verantwortlichkeiten versehen wurden. Die Teilnehmenden des Workshops haben zudem ihre allererste Workshop-Erfahrung als sehr positiv empfunden, da sie vor allem die Wichtigkeit eines gemeinsamen Austausches und die Berücksichtigung von verschiedenen Perspektiven erkannt haben:
Tom Rausch „Die Übung mit dem Tagesablauf (Digitalisierungsreise) war gut, so hat man viel die Perspektive der anderen erfahren.“
Holger Zwafink „Der Austausch mit den anderen ist gut und man behält ja was im Kopf auch nach dem Workshop und kann sich dann darauf beziehen.“
Geschäftsführer Andreas Reith: „Wir haben gute Anregungen bekommen, zum Beispiel mit der Kamera. Ich habe mich auch sehr gefreut, dass alle so offen waren. Ich merke, dass es wichtig ist, dass wir aus den Werken öfter zusammenkommen.“
Projektstatus
Dos und Don’ts
- praxisorientierte, intuitive Methoden anwenden
- Mitarbeitende in den Prozess einbinden
- Mitarbeitende durch digitale Lösungen entlasten
- Vorausschauende Wartung durch digitale Lösungen erreichen
- komplexe Methoden anwenden
- nur Führungskräfte in den Workshop einbeziehen
- eine einzige Perspektive berücksichtigen