„Zukunftsgestalter/-in sein“ beginnt in der Gegenwart

Das Team von reflecta steht vor einer Backsteinwand.

Bildquelle: reflecta network, Annika Schulz

Ein starkes Team hinter reflecta.network. Denn vernetzte Wege führen leichter in eine nachhaltige Zukunft.


1. Dezember 2020 | Von Anne-Kathrin Berg

Die Sozialunternehmerin Daniela Mahr gründete das „Reflecta Network“. Es ist ein Online-Netzwerk für „Changemaker/-innen“ (Zukunftsgestalter/-innen). Im Netzwerk geht es besonders um den Austausch und das Vernetzen von Macherinnen und Machern, so das Selbstverständnis. Wer kann wem für ein bestimmtes Problem die richtige Lösung oder Erfahrung bieten? Nicht jeder muss schließlich das Rad neu erfinden. Wie das Ganze funktioniert und warum es sich für KMU lohnt, die Zukunft nachhaltig in den Blick zu nehmen, erzählt Daniela Mahr im Interview.

Foto von Daniela Mahr
„Letztlich kann es mir doch nur gut gehen, wenn es anderen auch gut geht.“

Frau Mahr, wie kamen Sie auf die Idee, ein Online-Netzwerk zu gründen?

Das war ein längerer Weg. Angefangen hat alles 2010. Seit dem habe ich mit „reflecta“ Festivals und Workshops veranstaltet, die sich damit befassten, wie wir Gesellschaft und Zukunft gestalten können. Die Events hatten immer einen inspirativen Teil und einen, der die Menschen direkt ins Handeln bringen sollte durch „Best-Practice-Beispiele“, Netzwerken und Handlungsvorschläge. Die Zusammenkünfte waren immer toll, doch wie konnte es im Anschluss nachhaltig weitergehen? Wie oft wurde ich von einer Person etwas gefragt, von dem ich wusste, dass es eine andere Person in der Nachbarstadt schon großartig umgesetzt hat.

Im Zuge der Reflecta Festivals und Workshops kamen immer mehr Menschen auf uns zu, die sich nachhaltige Vernetzung und Unterstützung bei ihren Projekten wünschten. Neben den Festivals hat die gemeinnützige Organisation reflecta die “Green City Guides” (Grüne Stadtführer) als Printprodukt herausgegeben, die aber schnell veralteten. Der Wunsch nach einer digitalen Lösung wurde immer lauter. Das Feedback und das Fehlen eines Ortes, an dem sich Zukunftsgestalter/-innen passgenau finden und professionalisieren können, hat die Idee in meinem Kopf festgesetzt.

Besprochen habe ich die mögliche Umsetzung mit meinem Partner, der Programmierer ist und schon lange bei reflecta mitwirkt und der Design-Agentur, die bereits die “Green City Guides” gestaltet hat. Alle waren sofort an Bord. Der Weg von der Idee 2017 bis zu der heutigen Version war allerdings lang und mit vielen Workshops, Prototypen und unzähligen Gesprächen mit der Zielgruppe verbunden. Und nicht zuletzt mit vielen nächtelangen Gesprächen und Ideenspinnereien im Team. Zum Glück haben wir viele Unterstützer/-innen und Mitstreiter/-innen, die von Anfang an an das Projekt geglaubt haben.

Die aktuelle Version ist nun seit Juni 2020 online. Das reflecta network ist heute das erste Online-Netzwerk für Menschen, die sich an die gesellschaftlichen Herausforderungen wagen und ihren Teil zur Lösung beitragen möchten. Wir nennen diese Menschen Zukunftsgestalter/-innen. Ein smarter Matching-Algorithmus verbindet und vernetzt sie bedarfsgenau, damit ihre Vorhaben erfolgreich werden.

Screenshot des Netzwerks mit vier Profilen des Reflecta-Teams.

Was zeichnet echte „Zukunftsgestalter/-innen“ für Sie aus?

Zukunftsgestalter/-innen sind für mich Menschen, die aktiv an einer zukunftsfähigen Gesellschaft mitwirken oder damit beginnen möchten: Wie können wir unsere Welt fair und inklusiv gestalten? Wie können wir für gerechte Bildung, Teilhabe und geschützte Umwelt sorgen? Letztlich kann es mir doch nur gut gehen, wenn es anderen auch gut geht. Wenn wir die Welt so betrachten und einen ernsthaften Teil dazu beitragen, dann gestalten wir eine lebenswerte Zukunft und zwar jetzt, in der Gegenwart.

Wie sieht es mit etablierten kleinen und mittleren Unternehmen aus? Sind diese auch im Netzwerk vertreten oder eher Start-ups?

Ja, unbedingt sind KMU bei uns im Netzwerk vertreten. Wir verstehen die Plattform als Ökosystem, in dem persönliche und gesellschaftliche Veränderungen leichter machbar werden. In diesem Ökosystem findet man, wen oder was es braucht, um nachhaltige Vorhaben zielgerichtet und passgenau ins Rollen zu bringen. Dazu gehören neben den Projektinitiator/-innen, Unterstützer/-innen, Dienstleister/-innen, Mitarbeiter/-innen, Kooperationspartner/-innen, Förderer/-innen oder einfach Gleichgesinnte, für einen wertvollen Erfahrungsaustausch. In unserer Eingabemaske für das Matching kann man genau angeben, was man sucht und bietet. So können auch verschiedene Rollen eingenommen werden. Das reflecta.network ermöglicht einer großen Anzahl Menschen, sich gemeinnützig, sozial und innovativ zu vernetzen und Projekte zu realisieren.

Was würden Sie KMU raten, die sich nachhaltiger ausrichten möchten?

Sich gute Beispiele zu suchen: Wie haben es andere schon gemacht? Man kann bei der Büroausrüstung beginnen. Dafür gibt es Anbieter und auch Beratungsstellen, die sich nur darauf spezialisiert haben. Und dann Schritt-für-Schritt überlegen, was man nutzt und wie man es umstellen kann: Vom Strom angefangen, über Papier, Druck, den Weg zur Arbeit oder der Ort, an dem unser Geld liegt. Für so ziemlich alles gibt es mittlerweile gute Anbieter in „nachhaltig“. Daneben gehört für mich die Unternehmensstruktur als elementarer Teil dazu. Erhalten Männer und Frauen für gleiche Arbeit die gleichen Gehälter?

Am konsequentesten ist es natürlich, wenn man eine Gemeinwohlbilanz erstellen oder als B-Corp zertifizieren lässt. Während man den Weg geht, schadet es nicht, die Kundschaft mitzunehmen. Warum nicht in einem Newsletter über den Weg und die einzelnen Schritte berichten? Das bestärkt einen selbst und regt zum Nachahmen ein.

Wie wird man „Zukunftsgestalter/-in“?

Als erstes: mutig sein! Sich die Sinnfrage stellen: “Was ist unser Beitrag? Warum ist es wichtig, dass es uns gibt und wie können wir diesen Beitrag umsetzen, sodass es nach Innen und Außen glaubwürdig ist?” Und dann: machen!

Vielen Dank, Frau Mahr, für das Gespräch.

SCHLAGWORTE

Passende Themen

Wiki

Lernende Organisation

Wissen sammeln und teilen mit Wikis

Das Ziel von Wikipedia ist, möglichst viel Wissen zu teilen und allen Menschen zugänglich zu machen. Das gleiche Prinzip kann auch für Unternehmen gelten. Weiterlesen

Fishbowl

Lernende Organisation

Fishbowl: Warum ein „Goldfischglas“ zu Lösungen beitragen kann

Bei der Diskussionsmethode „Fishbowl“ darf nur im Innenkreis geredet werden. Wir erklären warum und worauf es dabei ankommt. Weiterlesen

Open Space

Lernende Organisation

Open Space: Die untypische Konferenz fördert Ideen

Schulungen, Konferenzen und Workshops folgen festen Regeln und Agenden. Nicht beim Open-Space-Format: Hier schlagen die Teilnehmenden die Themen selbst vor. Weiterlesen