Nachhaltige Kommunikation – jetzt!

Ein Baum steht in einer zerbrochenen Glaskugel.

Bildquelle: Pixabay, ejaugsburg

Ressourcen sind endlich. Ein Wandel unseres Handelns und Wirtschaftens muss kommen. (Foto: Pixabay/ejaugsburg)


9. November 2020 | Von Anne-Kathrin Berg

Nicht nur die Fridays-for-Future-Bewegung lenkte den Fokus auf den dringend benötigten Wandel unserer Gesellschaft. Auch Wissenschaftler/-innen sind sich einig: Wir müssen handeln! Kann Kommunikation helfen, diese Dringlichkeit zu verdeutlichen? Was ist „nachhaltige Kommunikation“ überhaupt und wie können gerade Unternehmen im Spannungsfeld zwischen ökologischen, sozialen und ökonomischen Anforderungen Wege finden, sich weiter zu entwickeln?

Dr. Torsten Schäfer ist Professor für Onlinejournalismus an der Hochschule Darmstadt. Themen wie Nachhaltigkeit und Umweltkommunikation zählen zu seinen Schwerpunkten. Da gerade Kommunikation einen wichtigen Beitrag leistet, das Thema Nachhaltigkeit in die Köpfe zu bringen, haben wir ihn zum Thema interviewt.

Professor Dr. Torsten Schäfer

„Die Ökologie muss Grundlage aller Folgeüberlegungen sein. Nachhaltige Kommunikation hallt nur nach, wenn sie verspricht, was ein Unternehmen tatsächlich halten kann. Es reicht nicht, schöne Geschichten zu erzählen, die das Gewissen von Konsumenten/-innen beruhigen. Glaubwürdigkeit entsteht erst durch ein ernstgemeintes Gesamtkonzept.“

Herr Schäfer, was ist für Sie „nachhaltige Kommunikation“?

Das ist eine Kommunikation, die langfristig wirkt, selbst klima- und umweltgerecht ist in ihrer Herstellung und Partizipation aller Beteiligten ermöglicht. Sie ist offen und demokratisch angelegt.

Sie sprechen sich in Ihren Seminaren für verständliche Kommunikation aus: „Die große Transformation“ – Wie kann man das Thema „leicht“ erklären?

Ja, auch die Welt der Nachhaltigkeit ist leider voller Fachsprache, Plastikwörter, Behördendeutsch und Geschwurbel. Kurz gesagt, bei diesem Begriff geht es um eine „soziale und ökologische Wende“. Ich denke, das übersetzt die „Große Transformation“ ganz gut.

Wachstumskritiker sagen, der Kapitalismus muss Schluss machen mit „höher, schneller, weiter“. Doch wie können KMU gleichzeitig rentabel wirtschaften, wenn parallel „Degrowth-Gedanken“ in den Vordergrund rücken? Ist das nicht ein Widerspruch?

Ja, das ist derzeit noch ein großes Spannungsfeld. Andererseits nimmt die Zahl nachhaltiger Geldanleger, Banken und Unternehmen – auch kleinerer und mittlerer zu -, die ihre Geschäfte planetengerecht aufstellen. Etwa keine fossilen Gelder mehr in die Prozesse nehmen. Klar, das kann nicht jeder sofort, aber dahin wird es gehen.

Man kann im eigenen Betrieb immer eine Kultur anlegen, die auf Wiederverwertung, umweltgerechte Produkte und vor allem transparente Lieferketten setzt – und eben auf Zeitwohlstand der Mitarbeiter/-innen. Denn das meint die Wachstumskritik auch. Nicht die ewige Hetze und Effizienzgefummel überall, auf Teufel kommt raus. Sondern auch den Wert der Menschen erkennen und ihre Bedürfnisse nach Pausen, Kreativität, Mitbestimmung und Dingen wie etwa Familienfreundlichkeit. Der Outdoor-Anbieter Vaude etwa zeigt, wie das geht. 

Manchmal scheint es ein schmaler Grat zu sein zwischen „gutem Storytelling im Bereich Nachhaltigkeit“ und „Greenwashing“. Wo beginnt das eine und wo endet das andere?

Greenwashing beginnt dann, wenn Falschaussagen entstehen, das ist Desinformation im grünen Tarnkleid. Lügen im Kontext, salopp gesagt. Denn ein nachhaltiges Produkt gibt es nur, wenn es von vorne bis hinten, also von der Herstellung, der Lieferkette, der Verarbeitung samt Vertrieb umweltschonend und auch sozial gerecht gemacht ist. Oft pickt sich dann eine Werbung mit ihrer Story einen Aspekt raus und nennt das Produkt nachhaltig. Aber ein Produkt kann nur nachhaltig sein, wenn der ganze Betrieb dahinter es versucht, mit Nachhaltigkeitsberichten, Klimakonzepten, Schulungen oder mehr strukturellen Sachen. Ein bisschen Energie irgendwo sparen oder zwei E-Autos im großen Fuhrpark reichen da nicht aus.

Wie können KMU „glaubwürdig“ kommunizieren, wenn sie sich in Richtung Nachhaltigkeit orientieren?

Sie sollten nur das versprechen und ankündigen, was auch stimmt, was sie einlösen können. Und sie sollten erkennbar machen, dass sie die wissenschaftlich aktuelle und einzig logische Definition von Nachhaltigkeit verfolgen. Diese geht, meiner Meinung nach, mit einem Primat für die Ökologie, also für den Planeten einher. Sprich: Die Erde lässt dem Menschen mit ihren Belastungsgrenzen einen begrenzten Raum, in dem er agieren kann mit seinen Bedürfnissen. Wie einen Donut, kann man sich das vorstellen, sagt die Forscherin Kate Raworth und hat damit das beste Modell skizziert, das nun überall anerkannt wird.

https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/deed.de

Hier gibt es die innere Schicht – einen sicheren und gerechten Raum für den Menschen und sein nachhaltiges Wirtschaften. Nach oben begrenzt ihn die äußere Schicht, die Belastbarkeitsgrenzen des Planeten mit verschiedenen Parametern wie Klimawandel, Artenverlust und Wasserkonsum. Den inneren Kreis, der den Entwicklungsraum des Menschen nach unten hin begrenzt und ausmacht, sind seine Grundbedürfnisse wie Gesundheit, Einkommen oder Bildung.    

Das Modell nach Raworth löst das Dreieck der Nachhaltigkeit ab, nach dem Ökonomie, Ökologie und Soziales immer irgendwie ausbalanciert sein sollen. Das war schon immer unlogisch, hat sich im Neoliberalismus der letzten 40 Jahre jedoch durchgesetzt und für viel Greenwashing gesorgt. Denn Unternehmen konnten auf dieser unklaren Grundlage fast alles als nachhaltig bezeichnen. Das geht nun nicht mehr.

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