Jeder kennt sie, die bunten Steine, mit denen wir als Kinder Türme und mehr gebaut haben. Aus vielen Kinderzimmern ist LEGO® nicht mehr wegzudenken. LEGO® bietet aber nicht nur eine faszinierende Welt zum Bauen. Es dreht sich auch darum, Probleme zu lösen, Ideen zu entwickeln und Dingen auf den Grund zu gehen. Deswegen sind die LEGO®-Steine auch in der Arbeitswelt angekommen. LEGO® SERIOUS PLAY® ist die erwachsene Variante dieses Spiels. Mit dieser Methode sollen Erwachsene eine neue Art des Denkens kennenlernen. Aber einfach drauflos bauen ist auch nicht. Wir haben Holger Scheider vom FTK – Forschungsinstitut für Telekommunikation und Kooperation e.V. in Dortmund gefragt, wie die Methode funktioniert.
Herr Schneider, Sie sind befähigt, Workshops unter Nutzung der Methode und Materialien LEGO® SERIOUS PLAY® durchzuführen. Können Sie uns kurz erklären, was LEGO® SERIOUS PLAY® ist?
LEGO® SERIOUS PLAY® beschreibt einen moderierten Prozess, der die Freude am Modellieren mit geschäftlichen Fragestellungen verbindet und hilft, neue Ideen zu entwickeln, die Kommunikation zu verbessern und Problemlösungen zu gestalten. LEGO® SERIOUS PLAY® verbindet die Reize des Spielens und Modellierens mit einem moderierten Ideenfindungsprozess. Unter Verwendung einer Vielzahl verschiedener LEGO®-Elemente entwickeln die Workshop-Teilnehmenden aus ihrer Sicht in aufeinander folgenden Bauphasen detailreiche Modelle, die unterschiedliche Perspektiven zu vorgegebenen Fragestellungen darstellen. In einem moderierten Arbeitsprozess werden die einzelnen Modelle zu einem gemeinsamen Modell oder zu einer miteinander verbundenen Modelllandschaft zusammengefügt. So gelingt ein überzeugender und gleichberechtigter Austausch zwischen unterschiedlichen Interessengruppen (bspw. Abteilungen in einem Unternehmen) , die gemeinsam nach Lösungen für ein übergeordnetes Thema – zum Beispiel einen bevorstehenden Digitalisierungsprozess – suchen.
Für welche Aufgaben lässt sich LEGO® SERIOUS PLAY® besonders gut einsetzen?
Die von LEGO® entwickelte Methode empfiehlt sich für Unternehmen und Teams, die nach unkonventionellen Ansätzen zur Förderung von Kreativität und zur Verbesserung interner Kommunikationsprozesse suchen. Im Kontext eines Digitalisierungsvorhabens kann der beschriebene Methodenansatz das Verständnis einzelner Teilaspekte vertiefen, die Entwicklung gemeinsamer Unternehmensvisionen fördern, die Identifikation interner und externer Einflussfaktoren und die Ableitung konkreter Maßnahmen erleichtern.
„Ich finde es gut, kreative Methoden einzusetzen, um rationales Denken zu fördern.“ Monika Polk, Dipl. Soziologin, Teilnehmerin am „Lego-Serious-Play“-Workshop |
Nun stellt sich natürlich die Frage, warum LEGO®? Könnte man nicht auch andere Spielsachen nehmen?
Klar lassen sich auch andere Bausteine und Figuren verwenden, um Modelle zu bestimmten Fragestellungen aufzubauen und zu erläutern. Auch liegt es mir fern, Werbung für ein bestimmtes Unternehmen machen zu wollen. Festhalten lässt sich aber, dass die über LEGO® SERIOUS PLAY® bereitgestellten Steine in der Zusammensetzung und der zur Verfügung stehenden Menge eigens in einem jahrelangen Entwicklungsprozess für Workshops konzipiert wurden, deren Ziel es ist, Fragestellungen aus dem Business-Kontext umfassend zu modellieren. So stehen beispielsweise verschiedene Tierfiguren mit Symbolkraft zur Verfügung, die im Businesszusammenhang ganz bestimmte Assoziationen hervorrufen (z.B. wird ein Löwe meist mit der Chefrolle assoziiert oder ein Elefant mit einem widerstandsfähigen Mitarbeiter). Auch lassen sich gezielt menschliche Figuren so zusammensetzen, dass sie bestimmte Rollen einnehmen, speziell entwickelte Verbindungsstücke gezielt einbauen u.v.m. Was genau mit den erbauten Modellen gemeint ist, hängt freilich dann immer noch von den erzählten Geschichten ab, die die Teilnehmenden im Anschluss an die Bauphasen in einem Workshop in der Runde vortragen.
Das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Kommunikation bietet regelmäßig Workshops zum Thema an. Sie moderieren diese Veranstaltungen. Was begeistert Sie besonders daran? Wird Ihnen nicht langweilig?
Erst einmal: Jeder Workshop hat seine grundeigene Dynamik und lebt in hohem Maße von dem, was die Teilnehmenden spontan erbauen – insofern kann es gar nicht langweilig werden. Was erbaut wird, ist Auslegungssache. Nur wer selbst gebaut hat, weiß genau, was dargestellt werden soll – und da kann es ganz große Unterschiede auch bei äußerlich ähnlichen Modellen geben. Ich finde es sehr spannend, was da alles aus den Aussagen der Teilnehmenden herauskommt. Je nach ihrer Zusammensetzung erhält man zu bestimmten Fragestellungen in den Bauphasen ganz unterschiedliche Antworten. Ich finde das sehr spannend, weil die Antworten wichtige Impulse für (a) weitere Bauphasen innerhalb eines Workshops bieten; darüber hinaus sind sie (b) wichtig für die Nachhaltigkeit der Methode, insbesondere dann, wenn es auf das Ende eines Workshops zugeht und Schlussfolgerungen gezogen werden. So werden Handlungsanweisungen z.B. für die strategische Ausrichtung eines Unternehmens, sagen wir in Bezug auf die Digitalisierung, entsprechend abgeleitet.
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In Zeiten der Digitalisierung ist LEGO® SERIOUS PLAY® ziemlich analog, d.h. vor allem mit den Händen wird gearbeitet. Wie reagieren die Teilnehmenden darauf?
Der haptische Eindruck ist ein maßgebliches Erfolgsgeheimnis für die Methode. Viele der Teilnehmenden greifen schon vor Beginn des Workshops eher unbewusst zu den Bausteinen – sei es ein innewohnender Spieltrieb oder auch das schlichte Bedürfnis, etwas Konstruktives mit den eigenen Händen zu schaffen. Das schöne ist ja, dass bei aller Ernsthaftigkeit, mit der gebaut wird, auch der Spaß nicht zu kurz kommt. Die Nutzung der Hand-Hirn-Verbindung ist beim Menschen besonders stark ausgeprägt und kommt hier voll zur Geltung. Denkprozesse in Verbindung mit körperlicher Bewegung und Empfindung führen zu tieferem und lang anhaltendem Verständnis der Umgebung und ihrer Möglichkeiten. Unbewusstes Wissen wird so offengelegt.
Drauf losbauen wie in Kindheitstagen dürfen die Teilnehmenden nicht. Welche Regeln gilt es zu beachten?
Natürlich soll der Spieltrieb nicht zu kurz kommen – im Gegenteil: Workshops auf Basis der Methode LEGO® SERIOUS PLAY® leben, wie gesagt, besonders von dem haptisch erlebten Bauen. Aber richtig: Ganz frei von Regeln sind die Workshops nicht. Pro Workshop werden je nach zeitlichem Umfang und thematischer Ausrichtung ganz bestimmte Fragestellungen formuliert, die zum Teil im Vorhinein feststehen, sich aber auch aus dem Geschehen im Workshop selbst dynamisch ergeben können. Es gilt, Modelle zu diesen Fragestellungen zu bauen und im Anschluss daran genau zu diesen Modellen etwas zu erzählen. Ansonsten aber soll ruhig den Händen vertraut werden. Fehler gibt es beim Bauen nicht und auch nicht den Anspruch, perfekte Modelle zu konstruieren.
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Wie immer in Workshops wollen Teilnehmende Ergebnisse sehen. Welche Ergebnisse können die Teilnehmenden für sich mitnehmen?
Im Nachgang zu den Workshops erhalten die Teilnehmenden eine Dokumentation, in der die erarbeiteten Modell und die Aussagen des Story Tellings sowie die daraus abgeleiteten strategischen Schlussfolgerungen dokumentiert sind. Darüber hinaus besteht auf Wunsch die Möglichkeit, in Follow-up-Gesprächen die Ergebnisse des im Workshop Erarbeiteten und die daraus resultierenden Konsequenzen weiter zu vertiefen. Angeboten wird darüber hinaus, unternehmensindividuelle Workshops durchzuführen und das Erarbeitete in gemeinsame Umsetzungsprojekte einzubringen.
Welche Herausforderungen können sich für die Moderation ergeben?
Der grundsätzliche Ablauf eines Workshops unter Nutzung der Methode und Materialien LEGO® SERIOUS PLAY® mit Bauphasen und anschließenden Erzählphasen und einer Reflexionsrunde ist im Wesentlichen ähnlich. Auch sollte es ein Ziel sein zum Schluss eine möglichst zusammenhängende Modelllandschaft zu haben oder gar ein gemeinsames Modell. Es kommt darauf an, wie viele Teilnehmende vor Ort sind, wie viele Bauphasen es gibt und ob beispielsweise gleichzeitig zu verschiedenen Fragestellungen parallel gebaut werden soll.
Drei wichtige Herausforderungen möchte ich aber fokussieren:
- Im Vorfeld eines Workshops ist das Thema möglichst genau festzulegen. Dazu sind Fragestellungen vorab zu formulieren, deren Beantwortungen einen Workshop inhaltlich entscheidend tragen und weiterführen. Mit gelungenen Fragestellungen ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Workshop zum Erfolg führt groß. Nicht geeignete oder unglücklich formulierte Fragestellungen können das Gegenteil bewirken.
- Während eines Workshops können sich aus den erbauten Modellen und dem anschließenden Story Telling heraus neue Fragstellungen ergeben. Hier steckt also ein gutes Maß an Eigendynamik drin. Wer an dieser Stelle gut improvisieren kann, ist klar im Vorteil.
- Da die Workshops sehr von der Spontaneität des Erbauten und Gesagten leben, sind für die Moderation ein maximales Maß an Aufmerksamkeit und eine kontinuierliche Bereitschaft zuzuhören und Schlussfolgerungen zu ziehen besonders wichtig. Das gilt für den gesamten Workshop-Ablauf.
Herr Schneider, wir danken Ihnen für das Interview.
Wichtiger Hinweis gem. der LEGO® SERIOUS PLAY® Trademark Guidelines
Holger Schneider, FTK e.V., ist befähigt, Workshops nach der Methode LEGO® SERIOUS PLAY® zu moderieren. LEGO, SERIOUS PLAY, die Minifigur sowie die Steine- und Noppen-Konfigurationen sind Trademarks der LEGO Gruppe, die diese Workshops und diese Dokumentation nicht sponsern, autorisiert oder unterstützt.
LEGO, SERIOUS PLAY, the Minifigure and the Brick and Knob configurations are trademarks of the LEGO Group, which does not sponsor, authorize or endorse these workshops and this documentation.)
© [2019] The LEGO Group.