Kooperation statt Wettbewerb – eine Frage der Haltung?

Es braucht viel Vertrauen und Transparenz um erfolgreiche Kooperationen und Partnerschaften voranzubringen.

Bildquelle: Pexels


23. Februar 2022 | Von Carolin Enke, Nele Karsten

Kooperationen gelten als Erfolgsfaktor in der digitalen Transformation und bei der Realisierung von digitalen Geschäftsmodellen. Ist dem wirklich so? Wenn ja, wie gestaltet man Kooperationen erfolgreich? Am Beispiel der Zusammenarbeit zwischen KMU und Start-ups möchten wir Antworten auf diese Fragen geben.

Hierfür standen wir im Austausch mit Prof. Dr. Bastian Halecker und Richard Göldner, Mitgründer des Start-ups CATHAGO Technology UG. Sie gaben uns Einblicke in ihre Erfahrungen und berichteten, welcher Nutzen sich aus einer Zusammenarbeit ergeben kann, welche Hürden und Hemmnisse überwunden werden müssen und was das Thema mit unserer eigenen Haltung zu tun hat.

Herr Halecker, wann ist eine Kooperation zwischen Start-ups und KMU wirklich sinnvoll und wann nicht? 

In erster Linie kommt es auf das Ziel an, welches beide Seiten fokussieren möchten und deren aktuelle Ausgangssituation. Ist das Start-up vielleicht an dem Punkt, an dem es einen Zugang zum Markt braucht oder Know-How, um die Branche besser zu verstehen? In diesem Fall bietet sich eine erste Zusammenarbeit an, bei der Ressourcen ausgetauscht werden. Die meisten Kooperationsformen zwischen KMU und Start-ups sind eher auf eine Pilotierung oder ein Testing ausgerichtet und weniger auf eine gemeinsame Entwicklung. Ein Beispiel hierfür ist der Einsatz einer neuen Software eines Start-ups, welche in einem etablierten Unternehmen getestet wird. Auf diese Weise hat das Start-up Möglichkeiten direkt Feedback zu erhalten und die Software weiterzuentwickeln bevor sie überhaupt auf den Markt geht.

Prof. Dr. Bastian Halecker

Für ein besseres Verständnis für die Relevanz von Kooperationen zwischen etablierten Unternehmen und Start-ups, spricht Prof. Dr. Bastian Halecker: Veränderungsdynamiken und die Geschwindigkeit, in der sich Unternehmen neuen Gegebenheiten anpassen müssen, nehmen zu. Daher bringt es Betrieben einen enormen Wettbewerbsvorteil, wenn sie mit anderen kooperieren!

Erklärbox: Venture Client 

Ein Venture Client ist ein Zugang, um Start-ups den Eintritt in Organisationen zu erleichtern. Ein noch nicht marktfähiges Produkt eines Start-ups wird in einem etablierten Unternehmen eingesetzt. Hierdurch besteht direkt die Möglichkeit, das Produkt entsprechend dem Feedback aus dem Unternehmen anzupassen und marktfähig zu machen.

Laut Prof. Dr. Halecker sollte im ersten Schritt ein gegenseitiges Verständnis zwischen den Kooperationspartner:innen geschaffen werden. Erst dann sollte eine Zusammenarbeit abgewogen und letztendlich angestoßen werden. Deutlich wird dies am unterschiedlichen Verständnis von Zeit: Bei der Terminvereinbarung schaut der:die Unternehmer:in in den Kalender und das Start-up auf die Uhr. Hiermit verdeutlicht Halecker, dass es dem Start-up oftmals zu langsam geht und dem etablierten Unternehmen zu schnell. Diese Unterschiede sollten transparent gemacht werden und sich auf eine gemeinsame Kultur der Zusammenarbeit geeinigt werden.

Ein Blick in das junge Unternehmen CATHAGO Technology UG zeigt, wie eine offene Einstellung gegenüber Kooperationen maßgeblich zum Aufbau eines Unternehmens beiträgt.

Bei der Entwicklung des digitalen Geschäftsmodells von CATHAGO Technology UG hatte der Aufbau von Kooperationen sowie ein offener Austausch mit potenziellen Kund:innen und anderen Marktakteur:innen eine hohe Priorität. CATHAGO ist ein Start-up, das sich auf die Baubrache spezialisiert hat. Entwickelt wurde eine Software, welche die Baustelle, den Einkauf und den Handel miteinander vernetzt und Einkaufsprozesse digitalisiert und automatisiert.

Im Gespräch mit dem Kompetenzzentrum gab uns Richard Göldner, Geschäftsführer und Gründer von CATHAGO Technology UG, einen Einblick, wie eine kooperative Haltung sein Unternehmen bei der Entwicklung des digitalen Geschäftsmodells unterstützt hat: 

Herr Göldner, wie haben Kooperationen dabei geholfen ihr digitales Geschäftsmodell zu entwickeln?

Vor allem der Austausch mit verschiedenen Mittelstand-Digital Zentren, wie z.B. Planen und Bauen, Usability, IT-Wirtschaft und Handwerkskammern haben uns ein besseres Verständnis für unsere Zielgruppe sowie Einblicke in die Bedarfe von Unternehmen aus der Baubranche gegeben. Eine enge Zusammenarbeit mit Branchenakteuren ist Voraussetzung für alle weiteren Schritte. Dieser regelmäßige Austausch lieferte uns Denkanstöße und zeigte neue Perspektiven auf, um den Markt besser zu verstehen und unser Geschäftsmodell den Bedürfnissen von Unternehmen in der Baubranche noch mehr anzupassen.

Richard Göldner, CATHAGO Technology UG
Unternehmen wie CATHAGO, wollen durch Kooperationen die Schnittstellen zwischen Baustelle, Einkaufsabteilung und Lieferkette miteinander vernetzen. Dadurch soll für alle Parteien ein fehlerfreier und nachhaltigen Prozess gestaltet werden.

Welche Rolle spielt das Thema Vertrauen beim Aufbau von Kooperationen? 

Vertrauen entsteht, indem gemeinsame Ergebnisse geschaffen werden. Im ersten Schritt sollte ein gemeinsames Ziel definiert werden, wie z.B. die partizipative Gestaltung eines Prototypens im Rahmen eines Workshops. Hier kann zusätzlich geprüft werden, ob ähnliche Erwartungen und Zielstellungen einer Zusammenarbeit bestehen. Ist dieser Schritt getan, werden notwendige Rahmenbedingungen ausgestaltet, um die Kooperation als Ganzes zu sichern.

Wichtig, stehe zu dem was du sagst und mache keine falschen Versprechen.  

Richard Göldner, CATHAGO Technology UG

Unser Lesetipp: Die 5 Schritte im Kreislauf des Vertrauens für den Aufbau von vertrauensvollen Kooperationen

Kooperationen gelten als einer der Erfolgsfaktoren in der digitalen Transformation und bei der Realisierung von digitalen Geschäftsmodellen. Welche Haltung haben Sie, wenn es um Kooperationen geht? Hier eine kleine Reflektionsübung für Sie: Wo würden Sie sich auf der weißen Linie positionieren? 

Mindset-Check up für Kooperationen:

Dieser Mindset Check-up hilft Ihnen dabei ihre eigene Haltung in Bezug auf Kooperationen zu reflektieren. Sind Sie bereit für eine Kooperation jeglicher Form?

Mindset-Check up für Kooperationen

Wenn Sie sich auf der weißen Linie oben eher links positioniert haben, dann haben Sie eine hohe Bereitschaft gegenüber Kooperationen und das Potential diese gewinnbringend zu nutzen und zu gestalten. 

Wenn Sie sich eher auf der rechten Seite eingeordnet haben, sollten sich nochmal die Vorteile von Kooperationen bewusst machen. Neue Möglichkeiten können sich Ihnen öffnen, ihre Ideen könnten für noch besseren Geschäftserfolg weiterentwickelt werden. Ihre Produkte könnten sich vielfältiger vertreiben lassen, Sie müssen finanzielle Lasten ggf. nicht alleine tragen. Dies sind nur einige Vorteile von Kooperationen. Wenn Sie diese nutzen wollen und in ihrem Unternehmen den Bedarf hierfür sehen, ist es wichtig an ihrer Haltung zu arbeiten und offen auf Partner zu zugehen. 

Eine kooperative Haltung meint nicht nur sich den eigenen Interessen bewusst zu werden, sondern auch die Interessen anderer wahrzunehmen und gemeinsam Lösungen zu entwickeln. In einem ersten Schritt bietet sich eine gemeinsame Arbeitssession an, durch die Bedarfe und Wünsche beider Seiten sichtbar werden, um dann im nächsten Schritt die Zusammenarbeit anzugehen. Je nach Bedarf bieten sich Kooperationen in unterschiedlichen Unternehmensbereichen und auf unterschiedlichen Stufen der Wertschöpfungskette an. Ob eine Kooperation für Ihr Unternehmen das richtige ist, können Sie unter anderem im Rahmen unserer Bedarfsermittlung erfassen. Hierzu finden Sie auch eine Checkliste auf unserer Webseite.

Vielen Dank an Herrn Prof. Dr. Bastian Halecker und Herrn Göldner für den Erfahrungsaustausch!

SCHLAGWORTE

Passende Themen

Der Mensch muss im Mittelpunkt digitaler Veränderungen stehen

Veränderungen mutig angehen

Digitale Anwendungen in Unternehmen: Auf positive Emotionen kommt es an

Die Digitalisierung bietet Unternehmen viele Möglichkeiten. Ein wesentlicher Faktor für den Erfolg liegt aber in den Führungsmethoden. Weiterlesen

SparX-Workshopreihe BSP Berlin

Veränderungsmanagement

„Die Digitalisierung ist kein Generationsthema“

Bei der Auftaktveranstaltung SparX haben Unternehmer/-innen über den digitalen Wandel diskutiert. Mit interessanten Erkenntnissen. Weiterlesen

Ein Modell kann helfen, Führung in Unternehmen neu zu gestalten.

Veränderungsmanagement

„House of Change“ – Veränderungen sind Kopfsache

Die Digitalisierung fordert von Führungspersonen neue Kompetenzen. Ein Modell aus Schweden kann helfen, das eigene Verhalten zu überprüfen. Weiterlesen