KI-Trend in der Industrie: ‚Cobots‘

Ein menschlicher Zeigefinger berührt den Zeigefinger einer Roboterhand.

Bildquelle: Pixabay, Gerd Altmann

Die Zukunft ist jetzt: Mit Hilfe von Cobots ergeben sich zahlreiche neue Möglichkeiten für Industrieunternehmen.


13. August 2020 | Von Svenja Dittmann

Kollaborative Roboter, sogenannte ‚Cobots‘, gelten als die Zukunft der Robotik in der Industrie. Der Begriff ‚Cobot‘ setzt sich zusammen aus den englischen Wörtern ‚Collaboration‘ und ‚Robot‘. Cobots sind vielfältig einsetzbar und können für die unterschiedlichsten Teilaufgaben innerhalb eines Produktionsprozesses verwendet werden. In Optik und Funktion ähneln Cobots einem menschlichen Arm. Aufgrund ihrer Agilität, Kommunikationsfähigkeit und der vergleichsweise unkomplizierten Bedienbarkeit eignen sich Cobots für diverse Prozessumgebungen. Mit verhältnismäßig geringem Aufwand lassen sich einzelne Produktionsschritte durch einen Cobot sinnvoll ergänzen und optimieren. Sie sind somit besonders auch für die Bedürfnisse von KMU interessant.

Wie unterscheiden sich Cobots von anderen Industrie-Robotern?

Aufgrund ihrer hohen Flexibilität und der einfachen Handhabung können Cobots von verschiedenen Mitarbeitenden für unterschiedlichste Aufgaben verwendet werden und lassen sich flexibel an Arbeitsaufgaben anpassen. Dadurch bieten sie entscheidende Vorteile gegenüber herkömmlichen Industrierobotern. Denn diese eigenen sich eher für hochspezialisierte Arbeitsschritte, für die sie programmiert sind.

Während das neue Programmieren des Industrieroboters mit hohem Aufwand verbunden ist und nur von Experten/-innen durchgeführt werden kann, können Cobots – dem jeweiligen Arbeitsschritt entsprechend – über einen Bildschirm eingerichtet werden. Viele Cobots lassen sich außerdem über einen sogenannten ‚Teach‘-Modus anlernen. Dabei wird der Roboterarm manuell an die Wegpunkte geführt, die er im Rahmen seiner Arbeit anfahren soll. Auf diese Weise erlernt der Cobot seinen Arbeitsweg.

Sensorik und Sicherheit

Cobots unterscheiden sich von Industrierobotern vor allem in ihrer Beziehung zu menschlichen Arbeitsabläufen. Sie können als ein Paradebeispiel für Mensch-Roboter-Kollaboration (MRK) angesehen werden. Während Industrieroboter Arbeitsschritte, die bislang vom Menschen ausgeführt wurden, nahezu vollständig übernehmen, kommen Cobots eine ergänzende oder auch assistierende Funktion zu. Aufgrund der Sicherheit und des Verletzungsrisikos bedarf der Einsatz großer Industrieroboter meist umfassender, zusätzlicher Baumaßnahmen, um den Arbeitsbereich des Roboters von dem der Mitarbeiter/-innen abzugrenzen. Durch den Cobot hingegen ist Sicherheit auch ohne andere Schutzeinrichtungen gewährleistet. Aufgrund seiner sensiblen Sensorik verhindert er Kollisionen mit Menschen, indem er sich bei der kleinsten Berührung sofort ausschaltet. Darüber hinaus kann ein Cobot die Arbeitssicherheit sogar erhöhen, indem er jene Arbeitsschritte übernimmt, die mit einem Risiko behaftet sind. Das betrifft etwa Arbeit an Pressen oder mit gefährlichen Werkstoffen. Das allgemeine Unfallrisiko der Arbeit im Umfeld der Industrie lässt sich so vermindern.

Mitarbeiter/-innen und Unternehmen profitieren gleichermaßen

Die Zusammenarbeit von Mensch und Roboter ermöglicht es, sowohl die Stärken des Menschen als auch die Vorteile der Robotik optimal zu nutzen. Im Vordergrund steht dabei die Entlastung des Menschen von körperlich besonders belastenden oder sehr monotonen Arbeitsschritten. Gleichzeitig eröffnet sich die Möglichkeit, dass Fachkräfte sich anspruchsvolleren, qualifizierteren Aufgaben zuwenden können, während der Cobot monotone Routinetätigkeiten übernimmt. In der Folge kann dies einen Motivationsschub für Mitarbeitende bedeuten. Zudem ist es ein Zeitgewinn für das Unternehmen durch die Automatisierung einzelner Arbeitsschritte sowie das Freisetzen der Qualifikationen der Fachkräfte. Alles in allem wirkt sich diese Konstellation positiv auf die Innovationsfähigkeit für Unternehmen aus.

Wozu ist ein Cobot sinnvoll und wozu nicht?

Geht es um den Einsatz von Robotik in der Produktion und die Entscheidung darüber, welche Technik angemessen ist, muss man die Produktionsabläufe und die Unternehmensbedarfe in den Blick nehmen. Zum Beispiel:

Handling leichter Werkstücke:
Cobots können eine Traglast von bis zu 16 Kilogramm bedienen. Liegt die potenzielle Last darüber, sind herkömmliche Robotik-Lösungen empfehlenswerter. Durch das höhere Gewicht steigt das Verletzungsrisiko, wodurch die Anwendung eines Schutzraumes bedarf. Mensch-Roboter-Kollaborationen sind in diesem Fall nicht empfehlenswert.

Automatisierung kleiner Serien und flexible Produktion:
Wenn Sie flexibel produzieren und anstreben, sich auch kurzfristig an individuelle Wünsche von Kunden/-innen anzupassen, kann ein Cobot optimal unterstützen. Er lässt sich leicht umprogrammieren und kann somit ein breites Spektrum an Aufgaben übernehmen.

Begrenzung bei Raum und Budget:
Im Gegensatz zu herkömmlichen Industrierobotern lassen sich Cobots platzsparend implementieren. Sie benötigen keinen abgetrennten Arbeitsbereich mit Schutzzaun oder eigene Fertigungsstraßen, die sich über mehrere Quadratmeter erstrecken. Durch ihre einfache Einrichtung und Programmierung lassen sie sich gut in den Betriebsablauf integrieren. Die Kosten für einen Cobot sind meist weitaus geringer als für große Industrieroboter.

Potentiale der Cobots weiter ausschöpfen

Die Optimierung und Steigerung der Funktionalität von Cobots ist in vollem Gange. Nach und nach werden die Fertigkeiten der Cobots immer weiter ausgebaut. So hat zum Beispiel das Unternehmen Yaskawa einen Cobot entwickelt, der bis zu 20 kg bewegen kann und einen Arbeitsbereich von 1,7 Metern abdeckt. Durch den erweiterten Handlungsradius und die Möglichkeit auch schwerere Lasten zu bewältigen, können weitere Aufgaben ganz oder teilweise übernommen werden. Einen Überblick weiterer Cobots finden Sie hier zusammengestellt.

Herausforderungen und Chancen

Die Industrie steht vor der Herausforderung, immer mehr maßgeschneiderte Produkte zeitnah und oft auch in geringen Serien kosteneffizient herstellen zu müssen. Das legt auch KMU nahe, intelligente, flexible Maschinen und automatisierte Fertigungsprozesse einzusetzen. Cobots können für KMU eine effiziente Automatisierungslösung sein, die mit vergleichsweise geringem Aufwand industrielle Prozesse optimiert. Eine große Bandbreite an Handlungs- und Bearbeitungsaufgaben kann durch einen Cobot ergänzt und optimiert werden. Der Mensch ist direkt in die jeweiligen Prozesse involviert und steuert diese. Für KMU in der Industrie kann es sich lohnen, Cobot-Lösungen für individuelle Belange in Betracht zu ziehen und Anwendungsmöglichkeiten zu prüfen.

Wenn Sie sich jetzt Fragen, ob Ihr KMU bereit ist für Mensch-Roboter-Kollaborationen, starten Sie den Selbst-Check des Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrums Saarbrücken.

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