Resilienz: Widerstandsfähigkeit lernen

Bergsteiger erklimmt Gipfel.

Bildquelle: Pixabay

Resilienz ist die Fähigkeit, Widrigkeiten zu trotzen. (Pixabay)


14. Oktober 2019 | Von Özkan Canel Altintop

Resiliente Menschen sind widerstandfähiger als andere: Sie haben geübt, souveräner mit Stress umzugehen. Zeitdruck bringt sie nicht aus der Fassung und auf Veränderungen reagieren sie gelassen. Zudem finden sie bei Rückschlägen immer wieder zu gewohnter Stärke zurück. Klingt wie ein Idealbild des Menschen in digitalen Zeiten. Was genau hinter dem Begriff „Resilienz“ steckt und wie man sie bei sich und in der Organisation fördern kann, erzählen Kathalin Laser, Organisationsberaterin und Coach, und Prof. Dr. Werner Stork von der Hochschule Darmstadt.

„Resilienz kann man mit drei Rs gut zusammenfassen“, erläutert die Wirtschaftspsychologin Kathalin Laser „Erstens Resistenz, d.h. wie ein Fels in der Brandung; zweitens Regeneration: diese Fähigkeit erinnert am meisten an ein Bambusrohr, welches sich hervorragend regenerieren und auch in nicht optimalen Bedingungen wachsen kann.“ Das dritte R steht und für Rekonfiguration. „Das ist bildlich vergleichbar mit einem Mobilé, das sich immer wieder systemisch selbst reguliert“, so definiert die Gründerin der Beratung SeekandFind den Resilienz-Begriff.

Resilienz kann man lernen

Das Positive für alle, die nach Wegen der Stressbewältigung und Widerstandskraft suchen: „Resilienz kann von jedem Menschentyp erlernt werden“, sagt Laser. Es seien keine individuellen Voraussetzungen notwendig. „Resilienz zu erlernen bedeutet, die Perspektive zu wechseln und von mehreren Blickwinkeln aus zu betrachten. Das bedeutet, nicht nur das Ziel und die Veränderung im Blick zu halten, sondern auch den Weg dahin und die eigenen Grenzen und Ressourcen“, so die Expertin.

Doch warum besitzen manche Menschen diese Eigenschaft der Widerstandsfähigkeit und andere wiederum nicht? „Natürlich gibt es ein genetisches und angeborenes Fundament. Zudem wird unsere Persönlichkeit geprägt von Familie, Freunden und dem sozialen Umfeld. Aber Resilienz ist trainierbar und nicht angeboren“, sagt Prof. Dr. Werner Stork von der Hochschule Darmstadt. Er befasst sich mit Fragestellungen rund um die Themen Resilienz und Agilität, Personalmanagement und Führung.

Resiliente Betriebe reagieren besser auf Veränderungen und Krisen

Dabei, so erläutert der Ökonom Stork, gilt das Konzept der Resilienz auch für Unternehmen: „Resiliente Betriebe sind meist widerstandsfähiger und handlungsstärker in Krisen und in Zeiten großer Veränderungen.“ In der digitalen Transformation – Stork nennt beispielhaft Aspekte wie Big Data oder den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) – müssen Unternehmen nicht nur Abläufe in Produktion und Verwaltung stetig anpassen, sondern auch ihre Kommunikation gegenüber Kunden/-innen und Mitarbeiter/-innen. Die Veränderung ist also Normalfall in der Digitalisierung.

Veränderungen wie die digitale Transformation brauchen daher unter anderem eine starke Führung und eine lern- und veränderungsbereite Belegschaft. In diesem Zusammenhang müssen besonders Führungspersonen verantwortlich mit Veränderungen umgehen: „Sich selbst führen lernen, bevor man andere führt“, empfiehlt Laser. Dazu gehört auch das Prinzip der Achtsamkeit als eine wichtige Methode, um Resilienz zu schaffen. Dies bedeutet, „den Blick nach innen zu lenken und auf sich selbst zu hören, um eigene Bedürfnisse wieder wahrzunehmen und ihnen zu folgen“. Verantwortungsvolle Führung denkt diese Anforderungen selbstverständlich für alle Beschäftigten mit – es geht dabei unter anderem um Stress, aber auch den Sinn der eigenen Arbeit.

Was ist Resilienz?

Für manche ist Resilienz nur ein Modebegriff. Doch dieser Fachbegriff aus der Wirtschaftspsychologie beschreibt wichtige Eigenschaften von Menschen und Unternehmen zum Umgang mit Veränderungen. Speziell beschreibt Resilienz die Fähigkeit mit Belastungen umzugehen – es geht also um Widerstandsfähigkeit und psychische Gesundheit. Gerade in der digitalen Tranformation kommen so viele Veränderungen auf die Menschen zu, dass das Konzept der Resilienz als wichtiger Erfolgsfaktor erkannt wurde. Das Gute daran: Resilienz kann erlernt werden. 

Wenn wir über Veränderungsmanagement in der digitalen Transformation sprechen, wird also deutlich, dass es nicht nur um die Umsetzung einer digitalen Geschäftsstrategie geht. Ziel ist es, eine Organisationsform und Unternehmenskultur zu schaffen, die Offenheit und eine positive Einstellung gegenüber negativen Einflüssen verkörpert.

Solche Veränderungen spürt beispielsweise auch die Referentin im Projektmanagement, Stefanie Goelz, von der Sparkasse Dieburg: „Die Digitalisierung führt dazu, dass sich Kundenerwartungen ständig verändern. Daher ist Veränderungsbereitschaft für uns ein sehr großes Thema“, sagt sie. Goelz war Teilnehmerin am „Resilienz-Workshop“, der vom Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Kommunikation organisiert wurde.

Jeder Mensch hat Gewohnheiten, eine für ihn ganz individuelle Komfortzone, in der er sich wohlfühlt. Veränderungen sind schwierig, weil es oft einfacher ist, in diesen Komfortzonen zu bleiben. „Resilienz ist für mich die Fähigkeit, gestärkt Veränderungen gegenüberzutreten“, so Goelz.

Innere Stärke als Schlüsselkompetenz

Vor allem in kleinen und mittelständischen Unternehmen zeigt sich vermehrt, dass besonders die innere Haltung von Führungspersonen und Mitarbeiter/-innen ausschlaggebend dafür ist, ob eine Digitalisierungsstrategie erfolgreich umgesetzt werden kann.

Denn nicht nur die Firmen selbst, sondern auch die Menschen im Unternehmen müssen eine gesunde innere Stärke entwickeln, um auf die Veränderungen zu reagieren und diese sogar aktiv mitgestalten zu können. Studien belegen, dass resiliente Mitarbeiter seltener krank sind und sich eher mit den Unternehmen verbunden fühlen.

Allgemein bedeutet Resilienz aber nicht nur „innere Stärke“. Sie ist die Fähigkeit, Herausforderungen mit Gelassenheit, gezielter Selbstführung, flexiblem Denken und Offenheit anzugehen. „Resilienz ist Kreativität. Resilienz ist Gestaltungskraft. Resilienz ist die Fähigkeit, sich neu erfinden zu können“, sagt Prof. Dr. Werner Stork.

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