Neue Kooperationen zwischen Start-ups und dem Mittelstand bergen große Innovationspotenziale. Die konkreten Formen und Ziele der Zusammenarbeit sind dabei vielfältig und sehr individuell. Allerdings kann die gemeinsame Teamarbeit durch verschiedene Hürden erschwert werden. Laut einer Umfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft stellen unternehmenskulturelle Unterschiede die größte Herausforderung dar, wenn es um die Zusammenarbeit zwischen kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) und Start-ups geht. Hierbei werden vorwiegend Unterschiede in der Kommunikation und der Arbeitsweise hervorgehoben.
Ein positiver Umgang mit unterschiedlichen Arbeitsprozessen und Strukturen sowie eine offene Kommunikation können die vielversprechenden Innovationsmöglichkeiten von Kooperationen fördern. Dabei spielt Vertrauen eine entscheidende Rolle.
Unterschiede erkennen und nutzen
Start-up Unternehmen lassen sich als jung, innovativ und wachstumsstrak charakterisieren. Gerade junge Menschen führt der Wunsch Karriere zu machen und an innovativen Ideen beteiligt zu sein oft in ein Start-up-Unternehmen. Diese Altersstruktur prägt eine flexible Arbeitsweise, den sehr persönlichen Umgang miteinander sowie eine flache Organisationstruktur des Unternehmens. Für Start-up Gründer/-innen oder Mitarbeiter/-innen ist der Umgang mit digitalen Technologien selbstverständlich. Oft fußt das gesamte Geschäftsmodell des Start-up-Unternehmen auf innovativen, digitalen Lösungen.
Mittelständische Unternehmen hingegen sind meist traditionell organisiert und haben aufgrund ihrer Größe komplexe Unternehmensstrukturen, weshalb Entscheidungswege langwierig sein können. KMU bauen auf ihre Markenbekanntheit, ihre gewachsenen Netzwerke und Kundenzugänge. Außerdem zehren sie von ihrem großen Branchen- und Marktwissen sowie Geschäftserfahrung.
In der Konsequenz neigen KMU dazu, Risiken zu vermeiden und ihre Aktivitäten auf die Aufrechterhaltung des Status quo zu fokussieren. Unternehmerische Vorsicht des Mittelstandes kann sich mit der ausgeprägten Risikofreude von Start-ups beißen. Die hohe Flexibilität und Wendigkeit junger Unternehmen soll nicht als Sprunghaftigkeit missinterpretiert werden.
Wie ticken Start-ups?
Viele Charakteristika, die die Unternehmens- und Arbeitskultur von Start-ups ausmachen, fallen unter das Stichwort Agilität. Damit sind Wandelbarkeit und Bewegungsfähigkeit von Personen, Strukturen und Prozessen innerhalb eines Unternehmens gemeint. Das bedeutet auch: Fehler machen ist erlaubt! Eine innovative Arbeitsweise, wie sie oft in Start-ups zu finden ist, verfährt nach der Methode Trial & Error (Versuch und Irrtum). Im Kern ist damit eine produktive Fehlerkultur gemeint, mit dem Ziel, schnell einen Prototyp zu entwickeln und in der Praxis zu testen. Analyse und Abwägungsprozesse werden abgekürzt und in die Praxisphase verlegt. Fehler werden am lebenden Objekt korrigiert. Dies eröffnet Wege zu ganz neuen Lösungsansätzen und gewährleistet Wandlungs- und Anpassungsfähigkeit.
Anweisungen und Kontrollen sind in Start-up-Teams oft durch Vertrauen ersetzt und zeigen sich stärker in unterstützendem und ermutigendem Verhalten. So werden Kreativität und Motivationspotenziale freigesetzt. Hierarchien sind flacher oder ganz aufgelöst und Verantwortung liegt aufgaben- oder projektbezogen bei einzelnen Personen, Tandems oder Teams. Dies ermöglicht nicht nur mehr Flexibilität, sondern auch mehr Schnelligkeit innerhalb des gesamten Teams. Denn kleine, agile Teams mit dem gleichen Maß an Verantwortung können sich untereinander schneller abstimmen, wodurch Entscheidungswege abgekürzt werden.
Unterschiede für sich nutzen
Geht es um die Kooperation mit Start-ups, ist es hilfreich, über die kulturellen Eigenheiten der Start-up-Szene Bescheid zu wissen. Auch können sich KMU Ansätze abschauen, wenn es um agiles unternehmerisches Handeln geht. Auch im Kleinen lassen sich diese verankern. Natürlich geht es nicht darum, etablierte Strukturen und Arbeitsweisen von jetzt auf gleich auf den Kopf zu stellen. Schließlich haben sich viele Vorgehensweisen in Ihrem Unternehmen nicht ohne Grund durchgesetzt. Auf der anderen Seite können Start-ups von der Professionalität der Unternehmen profitieren und lernen, feste Strukturen auszubilden, wo diese sinnvoll sind. Darüber hinaus erleben Start-ups durch die Zusammenarbeit mit einem etablierten Unternehmen die Gepflogenheiten innerhalb einer Branche hautnah und können sich so zukünftig besser, auf zunächst oft fremden Terrain, bewegen.
Laut einer aktuellen Studie zu Kooperationen zwischen Start-ups und Unternehmen aus dem Mittelstand hält die Mehrheit der Befragten Start-ups und das gegenseitige Vertrauen für den wichtigsten Erfolgsfaktor einer Kooperation. Dies lässt sich erreichen, indem beide Seiten einander eingehen und sowohl in der Anbahnung der Kooperation als auch während der Kooperationslaufzeit immer wieder die Perspektive des Gegenübers einnehmen. Vor allem die Begegnung auf Augenhöhe ist hier von Bedeutung, um einen unvoreingenommen Austausch zu ermöglichen.
Mit Offenheit in Richtung Kooperation
Mit den Charakterisierungen vor Augen wird deutlich, an welchen Punkten Spannungen entstehen könnten. Die komplementären Eigenschaften von KMU und Start-ups können einander sinnvoll ergänzen. Außerdem können beide Unternehmenstypen voneinander lernen und sich geeignete Arbeitsmethoden voneinander abgucken. Dies erfordert, die strukturellen und kulturellen Organisationsunterschiede mit der notwendigen Sensibilität anzugehen. Ein gegenseitiges Verständnis zu entwickeln ist dabei die Grundvoraussetzung. Um den Weg zu einer Kooperation zu ebnen kann etwas Fingerspitzengefühl gefragt sein, doch dies muss kein Hindernis für eine erfolgreiche Kooperation darstellen: 96% der Unternehmen, die zu Erfahrungen mit Kooperationen mit Start-ups befragt wurden geben an, dass sie wieder eine Zusammenarbeit eingehen würden.
Unsere Leseempfehlung: Eine groß angelegte Studie zu Kooperationen zwischen Start-ups und dem Mittelstand hat 70 Expert/-innen interviewt. Dabei wurde unter anderem herausgearbeitet, worin die Herausforderungen in der Zusammenarbeit etablierter Unternehmen mit Start-ups liegen und welche Chancen es gibt.
Benötigen Sie weitere Informationen und praktische Orientierungshilfen zum Thema Kooperationen mit Start-ups? Schauen Sie in unseren „Schwerpunkt Kooperation“ in unserem Vertrauensbaukasten!