Die Datenbrille digitalisiert den Kundenservice

Eine Datenbrille mit Zubehör im Fokus.

Bildquelle: Pixabay

Googles Datenbrille „Google Glass“ war ein Flop. In der Industrie werden Datenbrillen beliebter. (Quelle: Pixabay)


7. September 2020 | Von Svenja Dittmann

Der/die ein/-e oder andere erinnert sich vielleicht noch an den Hype um die Google Glasses im Jahr 2011. Unter anderem aus Datenschutzgründen sind die Datenbrillen von Google schnell wieder von der Bildfläche verschwunden. Während sich die smarten Brillen im privaten Gebrauch  nicht durchgesetzt haben, sieht es in der Industrie ganz anders aus. Im Logistik- und Produktionsumfeld setzen viele Unternehmen  auf den Einsatz der Datenbrille. Nun erobert sie einen weiteren Bereich: den B2B Kundenservice. Durch Datenbrillen ist ein kontaktloser   Service möglich, wenn es darum geht Anlagen zu warten oder Fehler an Maschinen zu beheben. Dies bietet nicht nur in Zeiten von Kontakt- und Reisebeschränkungen Vorteile.

Wie funktionieren Datenbrillen?

Smartglasses, oder umgangssprachlich Datenbrillen genannt, zählen zu den sogenannten wearables, also Mini- Computern, die am Körper getragen werden können. Sie ermöglichen augmented reality (AR), also einen erweiterten Zugang zur Realität, indem sie dem/der Nutzer/-in über ein Display im Sichtfeld Daten oder Informationen einblenden. Für Produktionsmitarbeiter/-innen bedeutet dies, dass sie bei Bedarf notwendige Informationen, wie etwa Anleitungen zur Montage oder Reparatur vor Augen geführt bekommen.

Das bietet den Vorteil, dass das Personal seinen Arbeitsplatz nicht verlassen muss, um Informationen von einem Gerät, dass sich eventuell nicht in Reichweite befindet, abzurufen. Datenbrillen können aber auch als Lehrer fungieren, indem sie Produktionsmitarbeitende bei neuen Arbeiten Schritt für Schritt anleiten oder neue Mitarbeiter/-innen schulen.

Service trotz Kontaktbeschränkungen

Wie viele andere Unternehmen hat das mittelständische Unternehmen Kemper GmbH aus Vreden in der Corona- Krise aus der Not eine Tugend gemacht. Seit kurzem setzt das Anlagen- und Maschinenbauunternehmen im Kundeservice auf AR- Brillen. So kann Kunden/-innen auch trotz der notwendigen Distanz bestmöglicher Service geboten werden. Servicemitarbeiter/-innen von Kemper kommunizieren live über die Datenbrille mit Personenweltweit, um Fehler zu beheben oder Wartungen durchzuführen. Über die übermittelten Daten durch die AR- Brille erhalten sie detaillierten Einblick in den Zustand der betreffenden Maschine. So können die Servicekräfte Wartungsbedarf oder mögliche Fehler am Bildschirm erkennen und Kund/-innen gegebenenfalls Schritt für Schritt anweisen, um diese zu beheben. Die Kommunikation und Unterstützung mit den Kund/-innen erfolgt dabei nicht nur über die integrierte Sprachsteuerung. Die Mitarbeiter/-innen des Kundenservices blenden außerdem Textnachrichten, erklärende Bilder, oder Grafiken im Sichtfeld der AR-Brille ein oder setzen Markierungen direkt in die Live-Bilder auf der AR-Brille.

Die Datenbrille betreut die Kundschaft qualitativer

Das Start- Up Unternehmen Beumer Group Evolution aus Dortmund wurde gegründet, um die digitale Transformation beim weltweit agierenden Hersteller von Maschinen und Anlagen, der Beumer Group, voranzutreiben. Die Datenbrille für die Kundenbetreuung stellt die aktuelle Innovation des Start- Ups dar und wurde bereits vor Beginn der Corona- Pandemie mit Erfolg eingeführt. Teamleiter Christopher Krisch, hebt hervor, dass Datenbrillen die Analyse von Fehlern erleichtern und darüber hinaus auch die Fehlerbehebung maßgeblich unterstützen. Beim telefonischen Support tritt häufig das Problem auf, dass einzelne Elemente von den Kunden/-innen nicht korrekt benannt werden oder Service und Kund/-in auf unterschiedliche Begrifflichkeiten zurückgreifen. Dies stiftet Verwirrung und behindert die Kommunikation. Über die Datenbrille hat der Service die Möglichkeit zu sehen was die Person sieht und kann bei Bedarf Markierung in seinem Sichtfeld vornehmen. Durch die schnelle und  genaue Diagnose, die mit Hilfe des live- Einblicks durch die Datenbrille gestellt werden kann, lässt sich auch die vor-Ort Betreuung optimieren. Ist es doch einmal notwendig, dass ein/-e Mitarbeiter/-in das Problem vor Ort behebt, da etwa ein Ersatzteil implementiert werden muss, ist diese/-r bereits vorbereitet und trifft mit den notwendigen Werkzeugen beim Kunden ein.

Im Video erzählt Christopher Kirsch von Beumer Group Evolution unter anderem davon, wie die Qualität des Kundenservice durch den Einsatz von Datenbrillen verbessert werden konnte

Vorteile für Unternehmen und zufriedene Kund/-innen

Außenmitarbeiter/-innen haben oft eng getaktete Termine. Kundenwünsche können dabei nicht immer berücksichtigt werden. Durch die ortsunabhängige Sofort- Hilfe mittels der AR- Brille fällt die komplizierte Terminierung weg. Die ortsunabhängige Kundenbetreuung minimiert gleichzeitig den logistischen Aufwand für Unternehmen. Der Wegfall von An- und Abreise führt dabei zu erheblichen Kostensenkungen und einem Gewinn an Zeitressourcen.

Laut Christopher Kirsch sehen die Kunden/-innen die Bildübertragung durch die Datenbrille als Vorteil, da es die Beschreibung von Fehlern und Problemen gegenüber dem Service vereinfacht. Dies beschleunigt den Prozess der Problemfindung sowie die anschließende Lösung. Bei Kemper zeigt sich der positive Effekt auch darin, dass lange Wartezeiten für Kunden/-innen entfallen, wodurch Ausfallzeiten bei Maschinendefekten gering gehalten werden können.

Anpassungsversuche an die Entwicklungen der letzten Monate scheinen einen Trend beschleunigt zu haben, der jedoch auch zuvor schon in der Entwicklung steckte: effizientere Kundenbetreuung durch digitale Assistenzsysteme. Neben dem Komfort für Kunden/-innen und Servicemitarbeiter/-innen ergeben sich gerade auf Unternehmensseite zahlreiche Vorteile durch den digitalen Kundensupport über Datenbrillen. Wir warten gespannt auf die weiteren Entwicklungen im Bereich des digitalen Kundenservice. Denn es ist einiges möglich.

Unser Projektpartner Kompetenzzentrum digitales Handwerk hat virtual reality, augmented reality und Datenbrillen im B2B Kundenservice miteinander verglichen.

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