Innovativ in der IT-Wirtschaft: Kooperative Geschäftsmodelle

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25. August 2021 | Von Svenja Dittmann

Kooperationen bergen in nahezu allen Branchen große Innovationspotenziale. Mit vereinten Ressourcen lässt sich besser auf veränderte Bedingungen an den Märkten reagieren. Das Mittelstand 4.0 – Kompetenzzentrum IT-Wirtschaft (KIW) unterstützt Unternehmen aus der IT-Wirtschaft beim Aufbau von Kooperationen. Mit seiner eigenen Vernetzungsplattform IT2match eröffnet das KIW Kooperationsmöglichkeiten für IT-Unternehmen. Darüber hinaus bieten Expert:innen des Zentrums Unterstützung bei der Vernetzung von Services, Produkten und Lösungen. Im Interview mit Tarek Annan und Daniela Kozian vom KIW beleuchten wir, welche Chancen kooperative Geschäftsmodelle in der IT-Wirtschaft bieten. Außerdem stellen wir die Frage, wie sich der Weg in ein Konsortium gestalten lässt.

Tarek Annan ist stellvertretender Geschäftsführer des Mittelstand 4.0 – Kompetenzzentrum IT-Wirtschaft, mit der Konsortialbildung von IT-Unternehmen beauftragt und hält Vorträge zum Themenkomplex der kooperativen Geschäftsmodelle. Als vom Wirtschaftsministerium zertifizierter e-Business Scout und Referent für Digitalpolitik bei der IHK in München, gründete er ein Beratungstool für den Mittelstand 4.0.

Daniela Kozian ist PR & Community Managerin am Mittelstand 4.0 – Kompetenzzentrum IT-Wirtschaft. Eine ihrer Kernkompetenzen ist die Kommunikation digitaler Innovationen. Als Netzwerkerin schafft sie eine Schnittstelle zwischen IT-Unternehmen, Medien und Multiplikatoren und trägt das Thema der IT-Kooperation in all seinen Facetten nach außen.

Warum ist die Entwicklung kooperativer Geschäftsmodelle für Unternehmen aus der IT-Wirtschaft so attraktiv? Worin liegen Potenziale?

Für einzelne mittelständische Unternehmen ist es schwierig in einem Markt zu bestehen, der von wenigen großen Unternehmen dominiert wird. Für den deutschen Mittelstand als Fundament der deutschen Wirtschaft sind Vernetzung und Kooperation die richtige Antwort auf die Herausforderungen der Zukunft. Gemeinsam können wir stark genug sein, ein attraktives Gegenangebot zu den dominierenden IT-Konzernen anzubieten. Praktisch bedeutet das, dass wir uns vernetzen und neue Geschäftsmodelle und Lösungen in digitalen Ökosystemen schaffen müssen. In diesen Ökosystemen besinnt sich jeder Anbieter auf seine Stärken und formt gemeinsam mit anderen Unternehmen vernetzte IT-Produkte, die all jene Stärken vereinen. So entstehen Innovationen Made in Germany, die den Mittelstand in der digitalen Transformation nach vorne bringen. 

Welchen Herausforderungen begegnen Unternehmen im Rahmen von Kooperationen?

Zunächst braucht es Unternehmen, die offen dafür sind eine Kooperation einzugehen und ihre Schnittstellen und so den Funktionsumfang ihrer Produkte sowie ihr Portfolio zu erweitern. Anschließend müssen passende Partner gefunden werden, die eine ähnliche Zielsetzung verfolgen, kompatibel sind und wirtschaftlichen Problemstellungen begegnen. Neben der technischen Umsetzung ist es dabei von zentraler Bedeutung Vertrauen aufzubringen, um neue geschäftliche Beziehungen einzugehen.

Eine größere Hürde, gerade für kleinere Unternehmen, ist es, die Ressourcen und das Budget zu schaffen, um sich mit neuen Ideen und dem Kooperationsprozess auseinanderzusetzen. Dabei ist es wichtig das angestrebte Ziel vor Augen zu haben, um den Weg einer gemeinsamen Investition in die Kooperation zu gehen. Bei gut durchdachten IT-Kooperationen ist ein Return on Invest (ROI) in der nahen Zukunft zu erwarten.

Wie kann ein IT-Unternehmen vorgehen, wenn es den Wunsch hat, eine Kooperation einzugehen oder Teil eines Netzwerks zu werden?

Der einfachste Schritt für ein Unternehmen ist es, sich bei der Vernetzungsplattform IT2match anzumelden und so auf andere kooperationswillige Unternehmen und ihre IT-Produkte zu stoßen. Auch der Weg über das Kompetenzzentrum IT-Wirtschaft ist möglich. Dort werden alle Belange angehört und die notwendigen Schritte in die Kooperation eingeleitet. Um erst einmal Teil eines Netzwerks zu werden ist es sinnvoll, sich in Verbänden zu organisieren. Als Konsortialführer des Kompetenzzentrums IT-Wirtschaft, empfehlen wir eine Mitgliedschaft im Bundesverband IT-Mittelstand. Er vertritt über 2.000 IT-Unternehmen und ist damit der größte Fachverband für ausschließlich mittelständische IT-Unternehmen in Deutschland. Auf Netzwerkveranstaltungen, in Arbeitsgruppen oder Infoveranstaltungen gibt es viele gute Möglichkeiten, um den deutschen IT-Mittelstand von innen heraus kennenzulernen.

Wie unterstützt das KompZ IT-Wirtschaft Unternehmen bei der Anbahnung von Kooperationen?

Das KIW hat die digitale Vernetzungsplattform IT2match entwickelt, die allen IT-Unternehmen offensteht, um sich zu vernetzen und Kooperationen einzugehen. Unterstützung und vielfältige Angebote können Unternehmen zudem in den Bereichen Matching/Partnersuche, Recht, Datenschutz, Schnittstellen und IT-Sicherheit erhalten und kostenfrei nutzen.

Über die Plattform IT2match vom Mittelstand 4.0 – Kompetenzzentrum IT-Wirtschaft können Unternehmen IT-Kooperationen anbahnen.

Welche Rolle spielt der Aspekt Vertrauen in der Zusammenarbeit im Rahmen kooperativer Geschäftsmodelle?

Der Aspekt Vertrauen spielt eine bedeutende Rolle bei Kooperationsanbahnungen und sollte besonders in der aktuellen Zeit, in der diese immer mehr in den digitalen Raum verlegt werden, nicht unterschätzt werden. Nur durch gegenseitig erbrachtes Vertrauen und dem Verfolgen ähnlicher Ziele lassen sich erfolgreich gemeinsame Produkte und Innovationen entwickeln und vermarkten. Klare Kommunikation und die Unterstützung durch Fachexpert:innen aus den Kompetenzzentren helfen dabei. Darüber hinaus spielt das Vertrauen auch mit Blick auf die Kund:innen eine immer wichtigere Rolle, was bedeutet, dass alle beteiligten Unternehmen eine entsprechende Außenwirkung haben müssen.

Nun einmal aus technischer Perspektive: wie funktioniert der Aufbau eines kooperativen Geschäftsmodells?

Der Schlüssel dabei ist die API (Application Programming Interface) Schnittstelle. Um das zu erläutern: Allgemein gesagt ist eine Schnittstelle eine Verbindung zwischen zwei Systemen, die eine Kommunikation bzw. eine Übertragung erlaubt. Sie ermöglicht also eine Kommunikation sowohl zwischen Software- als auch zwischen Hardwarekomponenten. Die API ist eine Softwareschnittstelle. Der Definition nach ist eine API ein Satz von Befehlen, Funktionen, Protokollen und Objekten, die Programmierende verwenden können, um mit einem externen System zu interagieren. Einfach ausgedrückt funktioniert eine API wie ein virtueller Mittelsmann, der Informationen von einer Schnittstelle an eine andere weiterleitet. Im Fall der IT-Kooperation ermöglicht sie es, Daten zwischen verschiedenen Anbietern und Lösungen zu teilen.

Ein kooperatives IT-Geschäftsmodell ist demnach gegeben, wenn mindestens zwei Softwareunternehmen durch eine API ihre Systeme verbinden, um den Kund:innen medienbruchfreie IT-Lösungen anzubieten und nahtlos in deren Softwarearchitektur zu integrieren . Bestenfalls merken die User:innen nicht einmal, dass sie mit mehreren Programmen interagieren und genießen einen hohen Grad an positivem Nutzungserlebnis bei gleichzeitig hohem Funktionsumfang.

Das KIW arbeitet an der Etablierung eines digitalen Ökosystems, basierend auf offenen Schnittstellen. Nur so ist sichergestellt, dass die Unternehmen weiterhin für neue Kooperationen und Innovationen offen sind und sich nicht von großen Anbietern abhängig machen. Mit gemeinsam entwickelten, datenbasierten Produkten kann der digitale Mittelstand so neue Märkte erobern und auch über Deutschland hinaus die digitale Transformation vorantreiben.

Vielen Dank für das Interview!

Vorteile von IT-Konsortien auf einen Blick

► Softwareanwender:innen erwarten einen zunehmend größeren Funktionsumfang

► Kundenorientierte Vernetzung von IT-Unternehmen ermöglicht, flexibel auf neue Anforderungen zu reagieren

► Aus verschiedenen Lösungen kann eine All-in-One Software entstehen

► Kunden können mit Konsortiumslösungen passgenau und integriert arbeiten (Best of Breed)

► Die KIW-Standards reduzieren die Komplexität der Konsortiumsbildung

► Der Kooperationsprozess sollte durch eine Kooperationsvereinbarung mit Zieldefinition und Maßnahmenplan begleitet und abgesichert werden

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