Messen in Zeiten der Pandemie: Neue Ansätze der Metropolregion Berlin-Brandenburg auf der HANNOVER Messe

Planung einer digitalen Messe

Bildquelle: Unsplash / Chris Montgomery


8. Juli 2021 | Von Antonia Wagner

Internationale Handelsbeziehungen und Kooperationen von Unternehmen stehen nach wie vor stark im Fokus der deutschen Wirtschaft. Auch kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) der Hauptstadtregion eröffnen Globalisierung und Digitalisierung großes Potential, das eigene Geschäftsmodell zu erweitern, innovative Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln und neue Märkte zu erschließen.

Messen waren und sind ein zentraler Baustein zur Erschließung neuer Märkte und internationaler Geschäftsbeziehungen. Vor allem klassische Leit- und Fachmessen haben in den Jahren vor der Pandemie noch stärker an Bedeutung gewonnen. Auch KMU haben in der Vergangenheit intensiv in klassische Messeauftritte investiert.

Oft treten sie dabei als Teil eines regionalen Netzwerkes auf: Die Metropolregion Berlin-Brandenburg zum Beispiel positioniert sich mit einer hohen Dichte an Universitäten und Forschungseinrichtungen sowie ihrer stetig wachsenden Unternehmens- und Gründerlandschaft seit vielen Jahren auf der HANNOVER Messe (HMI). Doch auch die HMI 2020 musste wie viele andere Messen coronabedingt abgesagt werden. Das klassische Messegeschäft wurde durch die Pandemie grundlegend in Frage gestellt.

Themen wie die Digitalisierung, die Entwicklung virtueller Marktplätze und innovative Kommunikations- und Vertriebskanäle betreffen im Kleinen gelernte Messeformate und im Großen die Ausrichtungen von Leitmessen wie die HMI. Das Messegeschäft ist eine Branche, bei der digitale Technologien nicht mehr wegzudenken sind.

Herausforderung: Interessen von Messebetreiber:innen und Austeller:innen verbinden

Doch wie können die Beteiligten am Messegeschäft mit diesen Herausforderungen umgehen? Für die Metropolregion Berlin-Brandenburg wurde auf einen partizipativen Prozess unter Beteiligung aller für den Messeauftritt der Hauptstadtregion relevanten Akteure gesetzt – unter anderem kamen das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Energie des Landes Brandenburg (MWAE), die Vereinigung der Unternehmensverbände von Berlin und Brandenburg (UVB), Berlin Partner, die Wirtschaftsförderung Berlin-Brandenburg (WFBB) sowie andere Verbände und Netzwerke im Bereich von Messeaktivitäten zusammen.

Lösung: Mitgestaltung des Dialogprozesses durch das Kompetenzzentrum 

Der Dialogprozess zwischen den Akteuren erstreckte sich über mehrere Monate und hatte das Ziel, im Rahmen verschiedener Workshops und Experteninterviews ein klares Bild davon zu gewinnen, welche Entwicklungsmöglichkeiten und Bedarfe es bei zukünftigen Messeauftritten gibt und wie die Interessen der verschiedenen Beteiligten dabei berücksichtigt werden können. Dieser Dialogprozess wurde durch das Kompetenzzentrum mitgestaltet.

Die ersten beiden Workshops beschäftigten sich intensiv mit den Anforderungen und der Zieldefinition des künftigen Messeauftritts und ersten inhaltlichen sowie technischen Eckpunkten, die bei der Umsetzung eine Rolle spielen werden. Zudem ging es vertiefend darum, die Bedarfe der einzelnen Stakeholder der HANNOVER Messe zu diskutieren. Die Hauptbeteiligten dabei waren die Wirtschaftsförderungen der einzelnen Länder, Vertreter:innen aus Wissenschaft und Start-ups sowie Messeaussteller:innen. Um diese Bedarfe noch intensiver verstehen zu können, wurden anschließend einzelne Experteninterviews mit Vertreter:innen genau dieser Parteien geführt.

Empfehlungen und Maßnahmen als Kernergebnisse des Dialogprozesses

Die Workshops machten die Bedarfe der beteiligten Akteure sichtbar, ebenso ihre Anforderungen und Erfahrungen. Diese bildeten den Rahmen für den folgenden Dialogprozess, in dem gemeinsam Lösungsansätze entwickelt wurden. So entstanden sechs Empfehlungen für das künftige Engagement der Region Berlin-Brandenburg rund um die HMI:  

1. Reale Gemeinschaftspräsenz

  • Schaffen einer Gemeinschaftspräsenz auch künftig vor Ort in Hannover als „analoge“ Präsenz.
  • Beibehaltung der gelernten und in den vergangenen Jahren erprobten Präsenz der Gemeinschaftsstände (zur Zeit Automation, Motion & Drives, Energy Solutions und Engineered Parts & Solutions, Innovationsmarkt Berlin-Brandenburg, Industrial Playground)

2. One-Region-Gedanke

  • One-Region-Gedanke sollte auch zukünftig weitergelebt und intensiviert werden, um die überregionale Sichtbarkeit der Leistungsfähigkeit der Hauptstadtregion voranzutreiben.
  • Positionierung als Innovationsregion – Industrieregion – Wissenschaftsregion mit den besonderen Differenzierungsmerkmalen vernetzte Region, führende Start-up-Region, Medien- und Kreativregion

3. Hybride Planung

  • Präsenzauftritt der Hauptstadtregion konsequent ergänzen um digitale Funktionalitäten (Videobeiträge, Breitstellung von VR-Medien und Live-Streams, Verknüpfung mit Social-Media-Kanälen, Live-Events vor der Kulisse des Gemeinschaftsstandes, etc.)

4. Stärkere Orchestrierung

  • Gesamtorchestrierung der Gemeinschaftsstände
  • Berücksichtigung der Zielsetzungen Image-Entwicklung der Region und Vertriebsinteressen der ausstellenden Einzelunternehmen für eine gemeinschaftliche Innovationswirkung
  • Inhaltliche Bezüge zwischen Berlin und Brandenburg stärker verketten

5. Community-Plattform

  • Über eine eigene Community-Plattform die digitalen Inhalte der Hauptstadtregion begleitend bündeln, den Messeauftritt vor- und nachbereiten und während des Messeauftritts ein Vernetzungsmedium anbieten
  • Im Community Management verstärkt digitale Elemente wie Videokonferenzen, Streaming, Podcasts, KI-basierte Informations- und Matchmaking-Plattformen und Kooperations-Plattformen integrieren

6. Begleitende Coaching-Maßahmen

  • Entwicklung eines Coaching-Portfolios für Aussteller:innen zur Professionalisierung und Steigerung der Innovationswirkung im Rahmen des Messestandes bzw. der Community-Bildung
  • Mögliche Themen für die Coaching-Angebote:
    • Das Große in kleine Portionen aufteilen
    • Wie finanziere ich das Ganze?
    • Wie gehe ich konzeptionell/inhaltlich vor?
    • Wie gehe ich von der technischen Seite ran?
    • Wer kann mir dabei helfen?

Gerade die Entwicklung einer Community-Plattform und ein begleitendes Coaching der Aussteller:innen sind wichtige Maßnahmen zur Erweiterung des Messegeschehens in den digitalen Raum. Entsprechende Maßnahmen sind auch auf andere Netzwerke übertragbar. Letztlich schaffen solche Ansätze in Bezug auf das Messegeschäft eine hohe Resilienz und sichern damit auch KMU den Zugang zu ihren Märkten – im besten Fall wird hierdurch auch ihre globale Sichtbarkeit deutlich erhöht.

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