Kommunikation ist alles: Wein- und Feinkostladen navigiert durch Coronakrise

vinocentral-Geschäftsführer Alexander Marschall und Michael Bode-Böckenhauer

Bildquelle: Ralf Ziegler

vinocentral Geschäftsführer Alexander Marschall (l.) und Michael Bode-Böckenhauer


6. April 2020 | Von Anne-Kathrin Berg

Das vinocentral ist ein Wein- und Feinkostladen am Darmstädter Hauptbahnhof mit einer Frischetheke im italienischen Stil und Gelegenheit für kleine Speisen oder Kaffee – entweder zum Verweilen oder to-go. Darüber hinaus verfügt das vinocentral auch über einen Online-Shop und für abends ist es eine Weinbar, manchmal sogar mit einer Jazz-Bühne. Wer schon einmal Gelegenheit hatte, dort zu essen oder einen Wein zu probieren, weiß, dass die Plätze gefragt sind. Im Moment ist es anders im Laden – anders, aber nicht hoffnungslos.

vinocentral-Geschäftsführer Alexander Marschall und sein Partner Michael Bode-Böckenhauer lancieren ihr Unternehmen, wie so viele gerade, durch herausfordernde Zeiten. Dennoch präsentieren sie weiterhin ein vielfältiges Angebot. Es gibt Gastköche, vorbestellbare Lunchpakete, Lieferungen per Lastenrad innerhalb Darmstadts sowie einen telefonischen Einkaufs- und Beratungsservice, der im Internet gebucht werden kann. Parallel macht Marschall gemeinsam mit seinem Team eine vorbildliche Kommunikationsarbeit über verschiedene Kanäle. Es gibt zum Beispiel einen Newsletter, Blogbeiträge auf der Internetseite sowie regelmäßige Posts auf Instagram und Facebook.

Ein Interview mit Alexander Marschall, Geschäftsführer.

Herr Marschall, auch Sie hat die Coronakrise unerwartet getroffen. Wie wirkt sich die Lage auf Ihr Geschäftsmodell aus?

Natürlich bekommen auch wir die Krise zu spüren. Wir haben den Gastronomiebetrieb vorübergehend geschlossen, Wein- und Jazzabende abgesagt. Auch unsere große Jahresverkostung, das vinocentralWeinTreffen im Juni, wird in diesem Jahr nicht stattfinden. Andererseits profitieren wir davon, dass wir mit dem vinocentral mehrgleisig unterwegs sind. Der Lebensmittel- und Weinhandel sowie die Kaffeerösterei stehen jetzt im Vordergrund. Und zum Glück haben wir schon Ende 2016 unseren Online-Shop in Betrieb genommen und im Laufe der vergangenen Jahre immer weiter ausgebaut und etabliert. Dort haben wir gerade Zuwächse.

Der Wein- und Feinkosthandel vinocentral ist weiterhin für Kund/-innen da.
Der Wein- und Feinkosthandel vinocentral ist weiterhin für die Kundschaft da. Vieles verlagert sich derzeit allerdings ins Internet. Auch die Kommunikation. (Bild: vinocentral)

Sie haben offensichtlich sehr schnell reagiert. Womit haben Sie angefangen?

Am wichtigsten erschien es uns, die sozialen Kontakte einzuschränken. Im vinocentral ist es ja mittags und abends häufig ziemlich voll. Durch das vielschichtige Geschäftsmodell begegnen sich viele Menschen. Das wollten wir aus Sorge um die Gesundheit unserer Kund/-innen, aber auch unserer Mitarbeiter/-innen unbedingt entzerren. Deshalb haben wir uns sehr schnell entschlossen, den Gastronomiebetrieb ruhen zu lassen und Speisen und Getränke nur noch „To Go“ anzubieten. Als wir das entschieden haben, saßen die Leute am Wochenende noch in den Biergärten. Da haben wir gedacht, wir wären womöglich voreilig gewesen, aber wenige Tage später kam dann die Verordnung.

Was ist generell das Wichtigste, um mit Kundinnen und Kunden in Kontakt zu kommen und zu bleiben?

Das wichtigste ist die Kommunikation. Es gibt ja gerade ständig neue Bestimmungen, auf die wir natürlich reagieren. Aber die Kundinnen und Kunden wissen das nicht automatisch. Ganz wichtig war uns zu kommunizieren, dass wir als Ladengeschäft noch geöffnet haben. Dazu nutzen wir unsere eigene Website, unseren elektronischen Newsletter, Facebook und Instagram. Auf all diesen Kanälen sind wir zum Glück schon seit langer Zeit aktiv. Wir haben die technische Ausstattung. Zwei Freelancerinnen aus den Bereichen Text und Grafik Design, mit denen wir schon seit vielen Jahren zusammenarbeiten, setzen die Werbemaßnahmen zeitnah und in enger Abstimmung um.

Sie haben den Gastronomiebetrieb vorübergehend ausgesetzt und stattdessen einen Straßenverkauf durchs Fenster eingerichtet. Ihr Ladengeschäft bleibt von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Wie regeln Sie den Betrieb Ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter?

Wir mussten für einige unserer Mitarbeiter/-innen Kurzarbeit anmelden, da ja aus einem 14-Stunden Tag ein 8-Stunden Tag geworden ist, was die Öffnungszeiten angeht. Das sind natürlich weniger Schichten. Das Arbeitsverhältnis der Minijobber/-innen im Gastronomiebereich ruht. Für die Mitarbeiter/-innen, die arbeiten, haben wir versucht, es so zu organisieren, dass die Teams der verschiedenen Bereiche jeweils in zwei Gruppen geteilt werden, die sich untereinander nicht begegnen. Das ist eine Sicherheitsmaßnahme für den Fall, dass jemand mit Covid-19 in Berührung kommt.

Wo es die Arbeit zulässt, wird im Homeoffice gearbeitet. Das funktioniert als Ladengeschäft aber nur begrenzt. Also haben wir uns Spuckschutze für den Kassenbereich, die Weinberatungstische und die Frischetheke angeschafft. Wir haben auch einen vinocentral-Rundweg durch das Geschäft eingerichtet, damit die Kund/-innen sich so wenig wie möglich begegnen und auch die Mitarbeiter/-innen nicht kreuz und quer laufen. Wir bitten die Kundschaft, wenn möglich mit Karte zu bezahlen, nur begrenzt einzutreten und die Abstands- und Hygieneregeln einzuhalten. Aber das ist ja mittlerweile fast überall so.

Unter dem Titel „Darmstadt à la carte – To go“ bieten Sie Gerichte von Darmstädter Köchen an, die zu Hause nur noch aufgewärmt werden müssen. Wie wird das Angebot angenommen?

Das Angebot wird sehr gut angenommen – sowohl was die Nachfrage als auch was die Rückmeldungen angeht. Die Menschen freuen sich, dass sie auf die Gerichte ihrer Lieblingsköch/-innen nicht verzichten müssen. Und wir können die Gastronomiebetriebe unterstützen, die ja als Weinabnehmer/-innen auch zu unseren Kund/-innen gehören. Außerdem kommen durch das „Darmstadt à la carte – To go“-Angebot zu uns Leute, die noch nie bei uns waren und das vinocentral ganz neu für sich entdecken. Das sind alles Multiplikator/-innen.

Ebenso bieten Sie einen Lieferservice per Lastenrad an, den Personen auch per WhatsApp oder Face Time anfordern können. Ist das nicht sehr aufwendig, den Überblick zu behalten?

Auch der Lieferservice klappt ganz gut. Dadurch, dass wir technisch modern ausgestattet sind und auch Spaß und „sportlichen“ Ehrgeiz bezüglich neuer Herausforderungen haben, konnten wir das relativ leicht umsetzen. Aber natürlich: Das sind alles neue Handlungsabläufe, die müssen nicht nur nach außen als Angebot kommuniziert werden, sondern auch nach innen an die involvierten Teams. Außerdem sammelt man dabei ja ganz neue Erfahrungen, auf die wir dann wieder reagieren und Dinge nachträglich modifizieren. Da ist schon viel Dynamik drin und das macht es für alle Beteiligten bisweilen anstrengend. Doch jeder spürt, es geht ums Ganze, und gibt, was er/sie kann. Das ist eine tolle Erfahrung.

Hat ihr Team von Natur aus eine so hohe Social-Media-Affinität oder haben sie sich beruflich fortgebildet?

Mein Kompagnon Michael Bode-Böckenhauer und ich haben eine sehr lange gemeinsame geschäftliche Verbindung, die viele verschiedene Geschäftsfelder umfasst hat bzw. immer noch umfasst: Kultur, Gastronomie, Handel, Wein, E-Ticketing, E-Commerce. Einige unserer Mitarbeiter/-innen sind schon seit vielen Jahren dabei und haben die Entwicklung mitgemacht. Seit es Soziale Medien gibt, haben wir diese Kanäle genutzt. Das ist ja viel Learning by doing.

Aber ohne Fortbildung geht es nicht. Als erstes haben wir uns vor vielen Jahren von einem jungen Team der Hochschule Darmstadt schulen lassen – damals im Zusammenhang mit unserer Arbeit im Kulturbereich. Einige Kontakte bestehen bis heute. Auch jetzt gibt es immer mal wieder Austausch mit Online-Marketing-Agenturen oder wir lassen uns gezielt beraten. Aber vieles läuft einfach auch über ausprobieren und sich umschauen, wie und was andere machen. Ganz entscheidend ist aber: Man muss etwas zu erzählen haben. Durch unsere zahlreichen Kontakte, Kooperationen und Aktivitäten ist das beim vinocentral gegeben. Auch hier geht’s gemeinsam einfach besser.

Herr Marschall, wir danken Ihnen für das Interview.

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