Sie sind plötzlich im Homeoffice und planen, Ihr Team trotzdem am Laufen zu halten. Doch wie fangen Sie an? Wie organisieren Sie die virtuelle Teamarbeit und welche Fragen sollten Sie sich beantworten, bevor es losgeht? Das und mehr haben wir Andreas Schieberle gefragt. Er ist Informationswissenschaftler und beschäftigt sich seit über 10 Jahren mit dem Thema Digitalisierung.
Andreas Schieberle arbeitet an der Hochschule Darmstadt und treibt dort die Digitalisierung von Forschungs- und Verwaltungsprozessen voran. Darüber hinaus ist er freiberuflicher Berater im Bereich Informations- und Datenmanagement.
Herr Schieberle, man verliert leicht den Überblick: Es gibt so viele Möglichkeiten, sich virtuell mit seinem Team zu verbinden. Doch wo soll man anfangen, damit man die geeignetste Software für sich findet? Welche Fragen muss man sich stellen?
Am besten klären Sie zuerst: Wer sind meine Nutzenden? Sind es nur interne Personen, externe Partner oder sogar Kundeninnen und Kunden, die in das Meeting eingeladen werden müssen? Dann muss entschieden werden, ob man das Tool (Anwendung) selbst verwalten (hosten) und betreiben möchte oder ob ein externer Service Anbieter (Provider) genutzt werden soll. Eine weitere wichtige Frage lautet: Was kann ich selbst? Also: brauche ich kommerzielle Unterstützung oder kann ich mögliche Probleme selbst lösen? Und ganz entscheidend: Wie viele Personen sollen (regelmäßig) an den Webkonferenzen teilnehmen? Da gibt es nämlich Unterscheide mit wie vielen Personen ein solches Meeting gut funktioniert. Manche Programme kommen an ihre Grenzen, wenn zu viele Teilnehmende im digitalen Raum sind.
Angenommen ich suche ein sicheres Tool, am liebsten ein kostengünstiges und natürlich ein stabiles: Gibt es die „eierlegende Wollmilchsau“?
Hier würde ich einfach mit den klassischen Anbietern und deren kostenlosen Angeboten arbeiten. Das sind zum Beispiel: Cisco WebEx, Zoom, GoToMeeting oder Skype. Grundsätzlich gilt: Je mehr Teilnehmende in einer Webkonferenz erwartet werden oder wenn es um Kundengespräche geht, desto eher würde ich auf die etablierten kommerziellen Anbieter setzen, damit nichts schief geht.
Irgendwie wirken die Tools alle ähnlich auf den ersten Blick: Was sind die markantesten Unterschiede, die ich kennen sollte?
Die kommerziellen Tools sind in der Regel relativ ähnlich und unterscheiden sich fast nur noch in der Integration mit anderen Tools wie z.B. Slack, MS Office, Single Sign On, usw. Bei den kostenlosen und Open-Source-Tools ist die Frage vor allem, wie gut ist die Dokumentation? Wie aktiv ist die Gemeinschaft (Community) und wie viele Teilnehmende verkraftet die Software? Die meisten Open-Source-Tools (für jeden offene Tools) sind eher für kleine Gruppen mit 5 -10 Teilnehmenden geeignet und benötigen oft die Möglichkeit, eigene Software auf dem Notebook zu installieren, was im Business Bereich eher nicht erwünscht ist.
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Für wen eignet sich denn was genau? Also unser Team besteht zum Beispiel aus 10 Personen. Was raten Sie uns?
Wenn es einfach und schnell gehen soll, reicht bei 10 Personen Skype meistens vollkommen aus.
Was brauche ich dafür an Hardware?
Investieren Sie in ein gutes kabelgebundenes Headset! Grundsätzlich kann man hier auch im Bereich Gaming-Zubehör schauen, da man hier das beste Preis-Leistungsverhältnis findet.
Was raten Sie Leuten, die ihre Teams lieber über E-Mails organisieren wollen?
Lasst es bleiben: E-Mails funktionieren teamintern gut als Top-down-Kommunikationsmittel oder bei sehr wenigen Personen im Mail-Verkehr. Bei mehr Personen wird es schnell unübersichtlich, so dass hier besser auf kollaborative Arbeitswerkzeuge (Confluence, Sharepoint, Wiki usw.) gesetzt werden sollte, wenn es um komplexe Fragen geht. Bei kleineren oder informellen Fragen würde ich Slack oder einen kurzen Anruf nutzen.
Kommen wir weg von den technischen Fragen: Was empfehlen Sie an Moderationsregeln? Wenn alle gleichzeitig losreden, hört man nichts mehr. Sollte eine Person die Sitzung leiten?
Diese Regeln sind das wichtigste, damit Webmeetings nicht zum Frust werden: Bei mehr als 4 Personen sollte es immer eine Moderation geben und getrennt davon eine Person, die ein Protokoll schreibt. Das kann natürlich auch als kollaboratives Protokoll in einem Pad oder Confluence erstellt werden. Teilnehmende sollten auch immer darauf achten, dass sie ihr Mikrofon deaktivieren, wenn sie gerade nicht sprechen und dass sie nach Möglichkeit einen ruhigen Raum nutzen. Nichts stört die anderen Teilnehmenden mehr, als ein halbes Großraumbüro im Hintergrund zu hören.
Was sollten unsere Leser/-innen sonst noch wissen über Webkonferenzen und dazugehörige Tools?
Testen Sie die Technik vorher ausgiebig. Die meisten Probleme tauchen bei falsch konfigurierten Computern auf, die das Mikrofon, Headset oder die Webcam nicht erkennen. Wenn Sie sich unsicher sind, sprechen Sie sich vorher ab und treffen sie sich 15 oder 20 Minuten vor Terminbeginn im virtuellen Konferenzraum, um zu testen, ob Sie sich gegenseitig verstehen können.