Mit Vertrauen zu Souveränität in der digitalen Interaktion

Bildliche Darstellung digitale Interaktion

Bildquelle: Pexels


23. Juni 2021 | Von Svenja Dittmann

„Vertrauen“ ist ein bedeutungsvoller Begriff und Schwerpunktthema im Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Kommunikation. Beate Deska und Holger Schneider sind Expert:innen für Vertrauen in Wertschöpfungsnetzen und Kooperationen und referierten dazu auf unserer Fachkonferenz zum Thema „Digitale Kommunikation souverän und interaktiv gestalten“. Im Interview erklären sie, warum Vertrauen in der digitalen Interaktion eine besondere Bedeutung zukommt. Sie beantworten außerdem, welche Faktoren in der digitalen Kommunikation über entsprechende Tools, das Storytelling und rhetorische Kompetenz eine Rolle spielen.

Die Echtzeit Kommunikation hat sich professionalisiert. Viele von uns nutzen nahezu täglich eines der zahlreichen Videokonferenz-Tools in ihrem beruflichen Alltag. 

Welche Effekte können wir bei der Kommunikation über digitale Videokonferenztools beobachten und wie hängen diese mit Vertrauen zusammen? 

Holger Schneider: Im digitalen Raum müssen wir Vertrauen unter besonderen Voraussetzungen betrachten. Durch die Verschiebung der Interaktion in den digitalen Raum erlangt das Vertrauen als Schlüsselfaktor der Kommunikation eine besondere Bedeutung. Auf der einen Seite schafft das digitale eine Distanz zwischen Interaktionspartner:innen, gleichzeitig sind digitale Tools jedoch auch Mittel die uns ermöglichen, die räumliche Distanz zu überwinden. Online gilt es daher nicht nur Menschen und/oder Organisationen Vertrauen entgegenzubringen, sondern auch auf die Technologien zu vertrauen und durch den Einsatz von Technologien Vertrauen gegenüber Gesprächspartner:innen und Organisationen herzustellen.

Die Technologien bilden eine dritte Instanz zwischen Interaktionspartner:innen. Digitale Tools stellen gewissermaßen Brücken dar, über die zwischenmenschlich Vertrauen – trotz physischer Distanz – aufgebaut werden kann. Dabei bieten sie vielfältige Möglichkeiten, über die auf verschiedenen Ebenen Transparenz zwischen Interaktionspartner:innen geschaffen werden kann. Und Transparenz ist ein entscheidender Faktor wenn es darum geht, etwas oder jemandem zu Vertrauen. Dies funktioniert über digitale Hilfsmittel wie die Audio-, Video-, oder auch Umfrageoptionen.

Technische Stabilität ist für die Online-Kommunikation natürlich der Vertrauensfaktor schlechthin. Dass wir im digitalen Raum sind, wird mit zunehmender Erfahrung ausgeblendet, man realisiert gar nicht mehr unbedingt, dass man online ist. Der virtuelle haptische Eindruck verschwimmt mehr und mehr. Daher sind wir auf störungsfreie Technik angewiesen. Solange das Tool also reibungslos funktioniert – das muss natürlich gegeben sein – vertraut man dem Tool und nutzt das für die eigene Arbeit.

Ein weiterer zentraler Faktor für den Vertrauensaufbau ist Erfahrung: Wir erlangen Souveränität in der digitalen Interaktion durch Praxiserfahrung mit den Tools. So können wir immer professioneller mit den Tools umgehen. Und auch die Tools selbst professionalisieren sich, bieten immer wieder neue Funktionalitäten an, um ein möglichst optimales Setting zu gewährleisten. Die Devise ist hier: Mut zum Experimentieren.  

Lesen Sie hier, wie sie das Vertrauen ihres Gegenübers gewinnen.

Auf inhaltlicher Ebene lässt sich mit Hilfe des Storytellings über verschiedene Methoden erreichen, die Ansprache so zu gestalten, dass Botschaften bei der Zielgruppe entsprechend ankommen. Welche Rolle spielt das Vertrauen mit Blick auf die Zielgruppenansprache? 

Beate Deska: Vertrauen und Glaubwürdigkeit sind die entscheidenden Faktoren, wenn Sie andere Menschen für Ihre Ideen gewinnen möchten. Dabei ist der Perspektivwechsel, der in Methoden wie der Heldenreise oder der Persona Methode vorgenommen wird, fundamental, um Vertrauen aufzubauen. Durch den Perspektivwechsel werden wir zu Expert:innen unserer Zielgruppe. Wir versetzen uns in ihre Rolle und können ihre Motivation, Situation oder Probleme verstehen. Hierbei eigenen sich Szenarien, mit denen die Zielgruppe sich identifiziert kann und die sie emotional berühren. 

Wir setzen Storytelling ja nicht zum Selbstzweck ein, sondern wollen damit bestimmte Ziele erreichen. Allerdings funktionieren „Geschichten“ anders als Fakten und sollten auch anders aufbereitet werden. Damit eine Botschaft ihre User auf emotional Ebene erreichen kann, muss sie so erzählt werden, dass sie eine Brücke zwischen Ihnen und Ihrer Zielgruppe schlägt. Der Bau dieser Brücke beginnt, indem Sie Ihre Botschaft aus der Perspektive Ihrer Zielgruppe erzählen. Wenn die User sich von Ihnen gesehen und gehört fühlen, bringen Sie Ihnen auch Vertrauen entgegen. Dieses Vertrauen bildet die gemeinsame Basis, die wiederum die notwendige Grundlage für gelungene Kommunikation gewährleistet. Und: Durch die Einnahme der Perspektive der Zielgruppe begegnen wir ihr auch auf Augenhöhe und erweisen ihr Respekt. Diese Herangehensweise ermöglicht eine solide Vertrauensbasis aufzubauen und zu festigen.

Lässt sich Vertrauen mit Hilfe der entsprechenden Methoden also gezielt managen?

Beate Deska: Genau, wenn wir nämlich auf der einen Seite verstehen, wie Vertrauen genau funktioniert und auf der anderen Seite unsere Zielgruppe genau kennen, dann können wir auch entsprechend agieren und sie mit den richtigen Inhalten adressieren. Über die Art und Weise wie kommuniziert wird, lässt sich Vertrauen gestalten. Wir selbst haben es in der Hand, inwieweit wir durch die richtige Perspektive beim Gegenüber die richtige Ansprache treffen. Der erste Schritt ist dabei zu identifizieren, was die Zielgruppe bewegt und im zweiten Schritt diejenigen Inhalte auszuwählen, die für sie wichtig sind, um sie tatsächlich zu erreichen. Dabei geht es keineswegs um Täuschung, sondern darum, dass ich meine Inhalte auf entsprechende Art kommuniziere und gewissermaßen die Sprache meiner Zielgruppe spreche. Dazu muss ich sie in eine in eine passende Geschichte verpacken. Die Hauptfunktion des Storytellings ist es nämlich, über die Distanz eine gemeinsame Basis für menschliches Miteinander in der Kommunikation aufzubauen. 

Wichtig ist auch, dass die User vermittelt bekommen, dass sie und ihre Meinung relevant und wirksam ist. Von daher ist es sinnvoll, das Storytelling mit Interaktivität und Feedbackmöglichkeiten zu kombinieren. Nicht nur, um die Denkweise der Zielgruppe zu erfassen, sondern auch, um Vorschläge und Anregungen konstruktiv umzusetzen. Denn digitale Kommunikation ist keine Einbahnstraße. Ein Unternehmen ist nicht nur Sender, sondern auch Empfänger. Dies gegenüber der Kundschaft erfolgreich zu vermitteln, trägt erheblich zum Aufbau eines Vertrauensverhältnisses bei.

In der digitalen Kommunikation – etwa über Videokonferenz-Tools – ist nicht nur der Inhalt der Botschaften die wir übermitteln wollen entscheidend, sondern auch die Art und Weise, wie wir diese transportieren. Was sind bei Rhetorik und Körpersprache entscheidende Aspekte des Vertrauens? Und wie können rhetorische Kompetenzen dazu beitragen, Vertrauen in der digitalen Interaktion aufzubauen?

Holger Schneider: Vertrauen hat eine starke subtile Wirkung und ist entscheidend dafür, ob wir unser Gegenüber überzeugen oder nicht. Wie gut Sie in Ihrem Fachgebiet sind oder wie toll Ihr Produkt oder Ihre Idee ist, ist wichtig, aber es muss auch so kommuniziert werden, dass Gesprächspartner Vertrauen zu Ihnen aufbauen. Dazu gehören auch eine angemessene Körpersprache und Rhetorik. Diese unterliegen virtuell natürlich anderen Spielregeln als analog. Mimik, Gestik usw. sind in der Videokommunikation schwieriger zu deuten. Und auch der Blickkontakt, der beim Vertrauen eine entscheidende Rolle spielt, ist virtuell nicht ohne weiteres möglich. Daher sind es andere Faktoren, die in der virtuellen Interaktion umso stärker zu berücksichtigen sind: Zum einen ist das Authentizität. Am besten ist es, nicht nur authentisch herüberzukommen, sondern tatsächlich authentisch zu sein. Nicht nur auf inhaltlicher Ebene wie beim Storytelling, sondern auch sichtbar und hörbar durch Körpersprache und Rhetorik. Rhetoriktricks krampfhaft anwenden wäre in Bezug auf Vertrauen kontraproduktiv, es geht nicht darum, ein Programm abzuspulen, sondern gewisse Verhaltensweisen zu verinnerlichen. Freies Sprechen ist dabei entscheidend. Im natürlichen Gespräch halten wir auch keine vorgefasste Rede. Wir sprechen als Menschen miteinander und das auf Augenhöhe. Was natürlich nicht heißt, dass man unvorbereitet in ein Gespräch gehen soll.

Ein weiterer Faktor ist Empathie. Diese lässt sich auch über Körpersprache und Rhetorik transportieren. Über einen Blick in die Kamera ist dies beispielsweise schon leicht zu erreichen und hat große Wirkung für den vertrauensvollen Dialog online. Auch an dieser Stelle ist auch wieder die Erfahrung zentral. Durch Übung und Praxis erlangen wir schließlich auch Selbstsicherheit und Selbstvertrauen und erreichen es, unsere individuellen rhetorischen und körpersprachlichen Stärken kennenzulernen und auszubilden. 

Vielen Dank für das Interview!

Holger Schneider

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+49 231 / 975056-21

Beate Deska

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+49 231 / 975056-67

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